URI: 
       # taz.de -- Agrarpolitik hat Zukunft: Bremen und das Biofleisch
       
       > Landwirtschaftspolitik hat Bremen meist Niedersachsen überlassen: Ein
       > verändertes Bewusstsein für Tierwohl und Verbraucherschutz könnte das
       > ändern.
       
   IMG Bild: Essen, zumal solch vegetarisches, kann bei Grünen Traumata auslösen
       
       BREMEN taz | Wolfgang Apel findet, Bremen tut zu wenig: Der Ehrenpräsident
       des Deutschen Tierschutzbundes und nahezu ewige Vorsitzende des Bremer
       Tierschutzvereins zieht eine eher durchwachsene agrarpolitische Bilanz nach
       fast acht Jahren Rot-Grün in Bremen.
       
       Immerhin, räumt Apel ein, habe Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD)
       zugesichert, sich für den Aktionsplan zur öffentlichen Verpflegung stark zu
       machen, mit dem die Kampagne „Fair für Mensch und Tier“ einen höheren
       Anteil regionaler und kontrolliert-biologisch angebauter Lebensmittel im
       Schulessen fordert. Getragen wird die Initiative von BUND,
       entwicklungspolitischem Netzwerk und Tierschutzverein. Heute lädt das
       Bündnis um 17 Uhr zum agrarpolitischen Podium.
       
       Das ist bemerkenswert: Agrarpolitik war lange kein beliebtes Thema, zumal
       in Städten. Tatsächlich fallen die paar Grünlandbetriebe im Blockland, in
       Strom oder in der Geesteniederung wirtschaftlich und gesellschaftlich kaum
       ins Gewicht. Und dass man, wie der CDU-Abgeordnete Frank Imhoff erinnert,
       über den Bundesrat an der Agrargesetzgebung beteiligt ist, stimmt zwar.
       Aber wozu sollte man da Einfluss nehmen, wenn das agrarpolitische Ziel
       fehlt?
       
       Nun hat sich das in den vergangenen Jahren dann doch entwickelt – als
       Forderung nach einer Agrarwende. Sie geht aus von den Grünen, SPD und – in
       Westdeutschland – Die Linke haben sie weitgehend adoptiert, und der Titel
       „Fair für Mensch und Tier“ resümiert sie gut: Man will eine an der
       Verbrauchergesundheit orientierte Landwirtschaft mit ordentlichen
       Arbeitsbedingungen unter Beachtung des Tierwohls.
       
       Dass damit unterstellt wird, genau das fehle der gegenwärtigen, nervt
       wiederum konventionell wirtschaftende Stadt-Bauern wie Imhoff: „Ich habe
       keine Lust, mich in Sippenhaft nehmen zu lassen“, sagt er. Klar gebe es in
       der Branche Negativbeispiele. Aber die dürfe man nicht verallgemeinern. Ihm
       ist die städtische Diskussion übers Tierwohl zu emotional: „Ich möchte auf
       dem Podium zur Versachlichung der Debatte beitragen.“ Dazu gehört für ihn,
       das Projekt einer Agrarwende als grünen Populismus zu entlarven, „der nur
       auf Wählerstimmen aus“ sei.
       
       Wenn dem so wäre, wäre Jan Saffe ein Machtpolitiker. Denn Saffe tritt als
       ihr glühendster Anhänger auf: „Ich setzte darauf, dass die Leute kapieren,
       dass eine Agrarwende genauso wichtig ist, wie die Energiewende“, sagt er.
       Zu Beginn der Legislaturperiode hatte er gehofft, mit der rot-grünen
       Zweidrittel-Mehrheit dem Ziel einer an Klimaschutz und
       Umweltverträglichkeit orientierten Umstellung bei der öffentlichen
       Lebensmittelbeschaffung näher zu kommen.
       
       Aber gerade auch in seiner eigenen Partei ist er damit gegen verbretterte
       Türen gerannt. – „Dann kommt immer das Kostenargument“, sagt Saffe, „damit
       kann man alles ersticken.“ Als die grüne Fraktion ans im Koalitionsvertrag
       festgeschriebene Ziel, auf Produkte der Intensivlandwirtschaft beim
       Schulessen komplett zu verzichten, erinnerte, warnte die SPD vor
       Kostensteigerungen, arme Kinder würden wieder ungespeist nach Hause gehen.
       
       Ein Denken, das Claudia Bernhard (Die Linke) falsch findet. Bremen müsse
       die Mehrkosten selbst tragen. „Diese Stadt hat ein Armutsproblem“, sagt
       sie, und gerade deshalb sei es „notwendig, dass wir hier investieren“,
       nicht nur „in die Bildung, sondern auch ins körperliche Wohl der Kinder“.
       
       ## Podium: 17 Uhr, Stadtbibliothek
       
       2 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benno Schirrmeister
       
       ## TAGS
       
   DIR Bremen
   DIR Landwirtschaft
   DIR Bürgerschaft
   DIR Bio
   DIR Agrarpolitik
   DIR Beraterverträge
   DIR Bremen
   DIR Kühe
   DIR Tierschutz
   DIR Weservertiefung
   DIR Landwirtschaft
   DIR Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Entlassungen bei „Schulküchen“-Verein: Caterer mit Geschmäckle
       
       Der „Schulküchen“-Verein entlässt 60 MitarbeiterInnen. Die Frage nach den
       Hintergründen führt zu merkwürdigen Strukturen der Bremer Schulverpflegung.
       
   DIR Der Ess-Appell: „Kein großer Wurf“
       
       Grüne und SPD wollen, dass das Bremer Schulessen den Standards der
       Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht.
       
   DIR Ende der Milchquote: Große Höfe machen kleine platt
       
       Nach 31 Jahren Milchquote dürfen Bauern ab April wieder so viel Milch
       produzieren, wie sie wollen. Viele kleine Betriebe fürchten um ihre
       Existenz.
       
   DIR Diskussion um Tierschutz in Dänemark: Ferkel totklatschen für mehr Profit
       
       Ein dänisches Schweinezucht-Magazin empfiehlt, mehr neugeborene Ferkel
       sofort zu erschlagen. Experten bezweifeln, dass das rechtens ist.
       
   DIR Zwischen Ökonomie und Ökologie: „Wir befinden uns im Spagat“
       
       Mit einem neuen Bewirtschaftungsplan will der Bremer Senat den Naturraum
       Weser schützen. Dafür müsse er auch auf die Weservertiefung verzichten,
       fordert der BUND.
       
   DIR Bio und Verbraucherschutz: Grüne bei Bio konservativ
       
       Die Pläne der EU-Kommission, die Bio-Verordnung stärker am
       Verbraucherschutz auszurichten, kommt bei den grünen Agrarministern im
       Norden nicht so gut an.
       
   DIR Umwelt & Ernährung: Mehr Biokost für Bremen
       
       Das Projekt „Biostadt“ ist gestartet – sechs Jahre nach der Entwicklung des
       Konzepts. Das Bremer „Schulobstprogramm“ gehört allerdings nicht dazu.