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       # taz.de -- Bob-WM in Winterberg: Gelungene Korrekturen
       
       > Zwei Medaillen: Nach dem schlechten Abschneiden bei den Olympischen
       > Spielen überzeugen die erfahrenen deutschen Frauen bei der WM.
       
   IMG Bild: Cathleen Martini (li.) freut sich über Bronze.
       
       WINTERBERG taz | Im Ziel ging Cathleen Martini erst einmal auf
       Tauchstation, rutschte unter die Haube ihres Bobs. Sie musste sich sammeln.
       Denn als sie von ihren Betreuern mit einem erhobenen Daumen empfangen
       worden war, wusste die Pilotin, dass sie bei der Weltmeisterschaft in
       Winterberg eine Medaille gewonnen hatte. Wie vor zwölf Jahren, bei ihrer
       ersten WM-Teilnahme, war es auch zum Abschluss ihrer Karriere wieder
       Bronze.
       
       „Jetzt schließt sich der Kreis, ich bin so überwältigt“, sagte die
       32-Jährige. Auf der Tribüne riefen derweil etwa 40 Fans aus Sachsen
       stakkatomäßig „Cathleen, Cathleen“. Und sie hielten ein Transparent mit der
       Aufschrift „Danke Cathleen“ hoch.
       
       Als Martini dann den Helm abgenommen hatte und ihre Anschieberin Stephanie
       Schneider umarmte, da liefen ihr die ersten Tränen über die Wangen.
       Freudentränen. „Mir gehen gerade so viele Bilder durch den Kopf. Am Anfang
       dieser Saison war ich ganz unten und nun dieses bombastische Ende“, sagte
       die Oberbärenburgerin.
       
       Weil die Pilotin mit dem ausgeprägten Fahrgefühl beim Start zu langsam war,
       war sie zunächst nicht für die Weltcups nominiert worden. Erst beim dritten
       Rennen durfte sie wieder starten.
       
       ## Silber für Schneiderheinze
       
       Schneller als Martini war in allen vier Fahrten ihre Teamkollegin Anja
       Schneiderheinze. Silber. Und auch die 36-jährige Erfurterin hatte leicht
       gerötete Augen. Sie war zwar schon einmal Weltmeisterin, hatte Gold bei den
       Olympischen Spielen 2006 gewonnen – doch damals war sie Anschieberin bei
       Sandra Kiriasis. Seit der Saison 2007 sitzt sie selbst an den Steuerseilen
       und gewann nun ihre erste Medaille.
       
       „Das ist großartig, endlich eine WM-Medaille als Pilotin“, sagte sie und
       rannte zu ihrer Anschieberin Annika Drazek. „Ohne Annika hätte ich das
       nicht geschafft“, sagte sie. Die 19-Jährige, zuvor Sprinterin auf der
       Kunststoffbahn, hatte erst kurz vor der Saison den Weg in den Eiskanal
       gefunden. Und im vierten Durchgang den Schlitten zum Bahnrekord von 56,54
       Sekunden angeschoben.
       
       „Wenn ich keine Medaille hole, dann heule ich“, hatte Schneiderheinze zur
       Halbzeit gesagt. Damit es nicht dazu kommt, hat sie den wettkampffreien
       Freitag genutzt und ist die etwa 30 Kilometer nach Frankenberg gefahren.
       Dort besuchte sie einen Optiker, mit dem sie seit mehreren Jahren
       Neurocoaching betreibt. „Ich höre eine Stunde Musik, in die bestimmte
       Frequenzen eingespeichert sind“, erklärt sie. Danach sei sie völlig
       entspannt.
       
       ## Drastische Kurskorrektur
       
       Sichtlich erleichtert über das tolle Ergebnis seiner Fahrerinnen war auch
       Bundestrainer Christoph Langen. Mit den beiden Medaillen bei den Frauen hat
       seine Crew die Vorgaben bereits erfüllt. Was die Männer nun noch liefern,
       Francesco Friedrich lag bei Halbzeit der Zweier-Konkurrenz in Führung (war
       bei Redaktionsschluss noch nicht beendet), ist eine erfreuliche Zugabe.
       „Alles, was wir uns vorgenommen haben, ist voll aufgegangen“, sagt Langen.
       
       Nach dem desaströsen Abschneiden bei den Olympischen Spielen in Sotschi
       hatte er eine drastische Kurskorrektur vorgenommen, deutlich mehr Wert auf
       die Athletik und damit bessere Anschubzeiten gelegt. Die konnte Martini
       anfangs nicht erreichen, weswegen sie ihre Leistungsfähigkeit erst im
       Europacup beweisen musste.
       
       Nicht nur wegen der Medaillengewinnerinnen Schneiderheinze und Martini war
       Langen mit dem Auftritt seiner Frauen zufrieden. Hinter diesem Duo kam
       Stefanie Szczurek auf Platz vier. „Mir ist ein Riesenstein vom Herzen
       gefallen“, sagte die im Weltcup auf Rang sieben Platzierte, „ich wollte
       hier vier ordentliche Läufe runterbringen, das ist mir auch gelungen.“
       Stolz war sie auf ihre Anschieberin Erline Nolte. „Die brachte unheimlich
       Dampf auf den Schlitten.“ Und die zweimalige Junioren-Weltmeisterin Miriam
       Wagner belegte bei ihrer ersten WM bei den Seniorinnen Platz zehn.
       
       Für Langen war das insofern beruhigend, weil Martini in Winterberg
       definitiv ihr letztes Rennen bestritt. Zumal auch die vier Jahre ältere
       Schneiderheinze sich mit einem möglichen Karriereende beschäftigt, wohl
       aber erst einmal weitermachen wird. „Das entscheide ich jetzt von Jahr zu
       Jahr“, sagte sie. Solche Gedanken macht sich Elena Meyers-Taylor nicht. Der
       US-Amerikanerin gelang dreimal die schnellste Zeit. Und wurde damit erste
       Weltmeisterin aus den USA.
       
       1 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Eckhard Jost
       
       ## TAGS
       
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   DIR Bob
       
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