URI: 
       # taz.de -- Urteil des Bundesgerichtshofs: Schleuser müssen mit Haft rechnen
       
       > Fluchthelfer können sich nicht auf Rechte der Flüchtlinge berufen, so der
       > BGH. Asylberechtigten von Griechenland nach Deutschland zu helfen, ist
       > strafbar.
       
   IMG Bild: Hier ist kein Schutz zu erwarten: Syrische Flüchtlinge vor der Asylbehörde in Athen.
       
       KARLSRUHE taz | Wer syrische Flüchtlinge von Griechenland nach Deutschland
       bringt, macht sich strafbar. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof
       (BGH). Gegen die Strafbarkeit spreche nicht, so der BGH, dass fast alle
       syrischen Flüchtlinge in Deutschland asylberechtigt sind und es in
       Griechenland kein funktionierendes Asylverfahren gibt.
       
       Konkret ging es in dem Fall um zwei Syrer, die vom Landgericht Essen im
       Dezember 2013 zu je drei Jahren Freiheitstrafe verurteilt worden waren. Sie
       hätten gewerbsmäßig Ausländer nach Deutschland eingeschleust, entschied das
       Landgericht Essen. Der BGH lehnte jetzt die Revision der Verurteilten ab,
       die sich auf das Grundrecht auf Asyl berufen hatten.
       
       Griechenland sei als EU-Staat per se ein „sicherer Drittstaat“, weshalb das
       Grundrecht auf Asyl hier prinzipiell nicht gelte, so die Vorsitzende
       Richterin Beate Sost-Scheible. Zwar schickt Deutschland seit 2011 keine
       Flüchtlinge mehr nach Griechenland zurück, weil sie dort keinen Schutz
       erwarten können. Dies komme aber nur den Flüchtlingen selbst zugute, nicht
       ihren Fluchthelfern, so die BGH-Richterin. Die Schleuser müssten bestraft
       werden, auch wenn die Flüchtlinge straflos bleiben.
       
       Ausführlich begründete der BGH auch, warum im Fall der asylberechtigten
       syrischen Flüchtlinge überhaupt eine „unerlaubte Einreise“ vorliege. Zwar
       könne bei Flüchtlingen, die ohne Papiere direkt aus Syrien ankommen, am
       Flughafen vor der Einreise ein Asylverfahren durchgeführt werden, das so
       genannte Flughafen-Verfahren. Dies sei bei Flüchtlingen, die aus
       europäischen Schengen-Staaten einreisen, jedoch nicht möglich. Hier liege
       deshalb eine unerlaubte Einreise vor, sobald der Flüchtling einen Fuß auf
       deutschen Boden gesetzt hat.
       
       ## Transport und falsche Papiere
       
       Die komplizierte Begründung war offensichtlich vom Bemühen getragen, die
       Bestrafung der Schleuser aufrechtzuerhalten. Während aber das Landgericht
       Essen argumentierte, die Schleuser gefährdeten auf dem Weg von Griechenland
       nach Deutschland das Leben der Flüchtlinge, verzichtete BGH-Richterin
       Sost-Scheible auf derartige Angriffe.
       
       Die Fluchthelfer hatten für die Flüchtlinge, die teilweise aus der gleichen
       syrischen Heimatregion stammten, Flugtickets und andere
       Transportmöglichkeiten sowie falsche Papiere besorgt. Die Reise erfolgte
       entweder direkt von Griechenland per Flugzeug nach Deutschland oder auf dem
       Landweg über Italien, Frankreich, Österreich oder die Schweiz. Die
       insgesamt sechsköpfige Fluchthelfer-Gruppe soll rund 270 Syrer gegen Geld
       nach Deutschland geschleust haben.
       
       Einer der Verurteilten war Mohammad Darwish, der seit 2005 in Athen lebte
       und dort als Dachdecker lebte. Die deutsche Bundespolizei hörte im Rahmen
       der aufwändigen „Operation Cash“ monatelang sein Mobiltelefon ab. Der
       NDR-Journalist Stefan Buchen hat über das Verfahren sogar ein empörtes Buch
       geschrieben: „Die neuen Staatsfeinde“. Buchen findet, dass Fluchthelfer
       eine humanitäre Aufgabe erfüllen, auch wenn sie persönlich kommerzielle
       Interessen verfolgen.
       
       26 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Asylrecht
   DIR BGH-Urteil
   DIR Schleuser
   DIR EU
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Transgender
   DIR Abstimmung
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schwerpunkt Armut
   DIR sichere Herkunftsländer
   DIR Europa
   DIR Flüchtlinge
   DIR Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Beschluss der Europäischen Union: Mehr Kontrollen im Schengen-Raum
       
       Mehr als 500 Millionen Menschen reisten 2014 in Länder des
       Schengen-Abkommens ein. Aus Angst vor Anschlägen sollen mehr Pässe auf
       Fälschungen überprüft werden.
       
   DIR Konflikt in Syrien: Al-Qaida-Kommandeur getötet
       
       Ein ranghoher Führer des Extremistennetzwerks und mehrere Kämpfer sind ums
       Leben gekommen. Sie gehörten einem Quaida-Ableger an: der Al-Nusra-Front.
       
   DIR Transsexuelle bekommt kein Asyl: Die ewige Angst
       
       Dervisa ist transsexuell, Romni, Muslimin – und soll nach Bosnien
       abgeschoben werden. Deshalb wollte sie sich das Leben nehmen. Ein Besuch in
       der Klinik.
       
   DIR Finanzhilfen für Griechenland: Bundestag stimmt für Verlängerung
       
       Mit großer Mehrheit hat das Parlament für die Verlängerung des
       Hilfsprogramms für Athen gestimmt. Das Land hat nun mehr Zeit, das
       Reformprogramm abzuarbeiten.
       
   DIR Pläne für Asylzentren in Nordafrika: Die Festungen des Innenministers
       
       Thomas de Maizière will Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Nordafrika
       einrichten, um die Einreise in die EU zu steuern. Dort könnte über
       Asylanträge entschieden werden.
       
   DIR Flucht aus dem Kosovo: „Wir haben kein Geld mehr für Essen“
       
       Milliarden Euro der EU flossen in den Kosovo – doch das Land ist ärmer als
       je zuvor. 50.000 Menschen haben das Land seit November 2014 verlassen.
       
   DIR Diskussion um sichere Herkunftsländer: Strategien zur Abschreckung
       
       Die Zahl der Asylanträge von Kosovaren steigt sprunghaft an. Quer durch die
       Parteien fordern Politiker daher, Kosovo als sicheres Land einzustufen.
       
   DIR Flüchtlingsdrama im Mittelmeer: Mare Monstrum
       
       Erneut sind Flüchtlingsboote im Mittelmeer verunglückt. Bei dem Versuch von
       Libyen nach Lampedusa zu gelangen, kamen über 300 Menschen ums Leben.
       
   DIR Syrische Flüchtlinge in der Türkei: Warten auf das Geisterschiff
       
       Für 150.000 syrische Flüchtlinge ist die türkische Stadt Mersin das Tor
       nach Europa. Für andere ist ihr Schicksal ein Millionengeschäft.
       
   DIR Fluchtwege aus Syrien: Die letzte Reise der „Blue Sky M“
       
       Menschen in Viehtransportern: Statt alte Frachter zu verschrotten, nutzen
       Schlepper sie als Flüchtlingsschiffe.