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       # taz.de -- Kommentar Kredite für Griechenland: Hilfen, die nicht helfen
       
       > Der Umgang mit Athen bezeugt den Rückfall in nationale Narrative. Dabei
       > ist Syriza eine echte Chance. Doch Europa und der Bundestag werfen sie
       > weg.
       
   IMG Bild: Regen- oder Rettungsschirm?
       
       Europa, das sollte einmal ein Kontinent werden, in dem unterschiedliche
       Kulturen zwar nicht verschmelzen, aber doch zusammenwachsen. Dahinter stand
       der Traum von der Abkehr vom alten Nationalismus hin zu einer europäischen
       Identität, in der jeder nach seiner Fasson glücklich werden sollte. Wenn
       wir uns Europa heute anschauen, dann ist davon nur wenig übrig geblieben.
       Der Umgang mit der griechischen Krise ist beispielhaft für den Rückfall in
       nationale Narrative.
       
       Wenn der Bundestag am Freitag über die Griechenland-Hilfen abstimmt, ist
       ein mehrheitliches Ja sicher. Zugleich aber findet dort eine
       unterschwellige Abstimmung darüber statt, ob die bittere Medizin, die
       diesem verarmten Land verabreicht wird, auch in ausreichend
       schwarz-rot-golden geschmückten Flaschen verabreicht wird und ob der
       Athener Patient auch zur Genüge Dankbarkeit dafür zeigt. Ob der Kranke
       damit auch eine Chance zur Genesung hat, steht nicht zur Debatte. Eine
       Diskussion über supranationale Solidarität aller Europäer findet gar nicht
       erst statt. Es geht einzig um die Frage, ob die Griechen „ihre Hausaufgaben
       gemacht haben“, auf dass der Oberlehrer die Versetzung genehmigt.
       
       Nein, hier wird keine bedingungslose Gießkannen-Solidarität verlangt.
       Selbstverständlich kann die Syriza-Regierung nicht einfach mit dem
       Eurokredit tun, was ihr gerade einfällt.
       
       Aber so, wie diese Hilfsleistung verabreicht wird, ist ihr späteres
       Scheitern gewiss. Schon in wenigen Monaten wird Griechenland wieder klamm
       sein. Wie soll eine Regierung in dieser kurzen Zeit einen Plan entwickeln,
       mit dem sie die Korruption bekämpft, die Armut mindert, für neue
       Investitionen sorgt und auch noch Altkredite pünktlich zurückzahlt? Das
       wird nicht möglich sein. Und so ist absehbar, dass in wenigen Monaten der
       Bundestag erneut zusammentritt, um über neue Hilfen zu beraten, ohne dass
       sich die Strukturen in Athen verbessert hätten.
       
       Man muss Syriza nicht mögen, aber die neue Regierung in Athen bietet eine
       große Chance. Mit ihr wäre es nach Jahrzehnten endlich möglich, das
       kriminelle Klientelsystem aufzubrechen und wenigstens für
       gutbürgerlich-kapitalistische Verhältnisse im Südosten Europas zu sorgen.
       Und was macht Europa, was treibt der Bundestag? Sie werfen diese Chance
       weg. Ihr Ja zu den Krediten ist in Wahrheit ein Nein zu einem Griechenland
       mit europäischer Perspektive.
       
       26 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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