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       # taz.de -- Zoff statt Frieden: Gegenwind für „Kriegspartei“
       
       > Ex-Boxer Vitali Klitschko, heute Bürgermeister von Kiew, soll sich ins
       > Goldene Buch von Osnabrück eintragen. SPD und Friedensgruppe wollen das
       > verhindern.
       
   IMG Bild: Beweis: Vitali Klitschko neigt zu Gewalt
       
       OSNABRÜCK taz | Vitali Klitschko darf sich nicht ins Goldene Buch der Stadt
       Osnabrück eintragen – zumindest wenn es nach der dortigen SPD geht. Dem
       Ex-Boxer „die Ehre des Eintrags“ zu verweigern, fordern die
       Sozialdemokraten in einem offenen Brief an Bürgermeister Wolfgang Griesert
       (CDU). Klitschko, amtierender Bürgermeister von Kiew, will am 26. März an
       den „Osnabrücker Friedensgesprächen“ teilnehmen, genauer: einer
       Podiumsveranstaltung zum Thema „Ukraine – Land in der Zerreißprobe?“.
       
       „Wir haben nichts gegen einen Dialog mit ihm, aber wir wollen keine
       einseitige Ehrung einer Kriegspartei“, sagt SPD-Ratsmitglied Jens Martin.
       Klitschko komme nicht als Privatmann in die Friedensstadt, sondern als
       „medialer Vertreter einer handelnden Kriegspartei“. Der Eintrag ins Goldene
       Buch könne als Parteinahme Osnabrücks im derzeitigen Ukraine-Konflikt
       verstanden werden.
       
       Mit Klitschko hat Martin aber auch ein konkretes Problem: Der Gast habe mit
       „Swoboda“ paktiert, einer rechtsextremen Partei, die auch Kontakte zur
       deutschen NPD unterhält. „Wir unterstellen Klitschko selbst keine rechte
       Gesinnung“, stellt Martin klar, kritisiert aber, dass sich der Ukrainer
       überhaupt mit den Rechten eingelassen habe.
       
       Bürgermeister Griesert will Klitschko trotzdem ins Rathaus einladen – genau
       wie die anderen Podiumsgäste. Der ehemalige Box-Weltmeister habe in
       Medienberichten glaubhaft gemacht, dass ihn mit Swoboda einzig verbunden
       habe, dass beide das alte Regime in der Ukraine abgelehnt hätten, so
       Osnabrücks Stadtsprecher Sven Jürgensen. „Ich habe Vitali Klitschko als
       einen überzeugten Demokraten kennengelernt“, betonte auch Hans-Gert
       Pöttering (CDU), ehemaliger Präsident des EU-Parlaments, der neben
       Klitschko auf dem Podium sitzen wird.
       
       ## Der last minute-Experte
       
       Eben daran zweifelt allerdings das Friedensaktionsbündnis (FAB). Mit
       Infoständen und Transparenten – Aufschrift: „KlitschK.O.“ – protestiert es
       gegen die Einladung. „Ich halte ihn für eine Kriegspartei“, sagte
       FAB-Sprecher Harald Klausing. „Wer mit solchen Kräften Bündnisse schließt,
       will Krieg.“
       
       Zudem sei das Podium erst in der „letzten Minute“ noch mit einem
       Russland-Experten besetzt worden, dem Journalisten Reinhard Lauterbach. Der
       berichtete bis 2011 für den Hessischen Rundfunk aus Osteruropa und hat
       unlängst ein Buch über den Bürgerkrieg in der Ukraine veröffentlicht.
       
       Das Thema polarisiert in Osnabrück. Seit der offene Brief ans Rathaus im
       Netz steht, habe die SPD-Fraktion viele Reaktionen erhalten, vom virtuellen
       Schulterklopfen bis hin zu Beleidigungen à la „Stalinficker“, sagte
       SPD-Fraktionschef Frank Henning. „Nur weil ich Klitschko kritisiere, bin
       ich aber noch lange kein Putinfreund.“ Woran es fehle, sei ein
       differenzierter Blick auf den Konflikt – und eine Zusage Klitschkos: Ob der
       überhaupt Zeit hat für das Goldene Buch der Stadt Osnabrück, ist bisher
       völlig offen.
       
       26 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrea Scharpen
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Frieden und Krieg
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