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       # taz.de -- Olympia 2024: Bauten wie Startblöcke
       
       > Auf dem Flughafen Tegel soll das olympische Dorf, danach Wohnungen
       > entstehen. Doch die Senatspläne sind wenig überzeugend.
       
   IMG Bild: Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und Bau-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup (v.r)
       
       Während bei Olympischen Spielen die Bauten für Wettkampfarenen,
       insbesondere die Architekturen für das jeweilige Olympiastadion, im Fokus
       der Aufmerksamkeit stehen, ist das Athletendorf zumeist nicht von großem
       Interesse. Berlins Olympiaplaner wollen dies für die anvisierten
       Sommerspiele 2024 ändern – auch darum, weil ein Olympiastadion an der Spree
       bereits existiert. Ob sie sich und der zweifelhaften Berliner
       Olympiabegeisterung damit einen Gefallen tun, muss angesichts der gestrigen
       Vorstellung des Konzepts für das „olympische und paralympische Dorf“ vor
       Ort auf dem Flughafengelände Tegel stark in Zweifel gezogen werden.
       
       Doch der Reihe nach: Nach Ansicht von Stadtentwicklungssenator Andreas
       Geisel (SPD) „ist Tegel der ideale Standort für das olympische und
       paralympische Dorf“. Auf der großen landeseigenen Fläche habe Berlin nach
       der Stilllegung des Airports 2018 „die einmalige Möglichkeit, ein
       zeitgemäßes olympic village zu bauen, das nach den Spielen als neues
       Wohngebiet der Bevölkerung zur Verfügung steht“, so Geisel bei der
       Rundfahrt über das 50 Hektar große Areal am Montag. Geisel betonte, dass in
       Tegel „auf jeden Fall“ Wohngebäude entstünden, die Olympischen Spiele wären
       jedoch „ein Schub für den Wohnungsbau“ an diesem Standort.
       
       Konkret sollen einmal rund 5.000 Wohnungen für 17.500 Sportler und
       Offizielle für das olympische Dorf nahe dem Kurt-Schumacher-Quartier
       errichtet werden, erläuterte Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär in der
       Bauverwaltung. Nach der Nutzung als Athletendorf sei geplant, dieses zu
       einem Wohnviertel für 10.000 Bewohner umzurüsten – davon „bis zu“ 50
       Prozent der Mietwohnungen als sozial geförderter Wohnraum.
       
       Hinzu kämen im „Village“ der weite Eingangsbereich am Kurt-Schumacher-Damm:
       die „Plaza“ mit Amphitheater. Aufgereiht an der Plaza seien eine Mensa für
       die Sportler, eine Poliklinik, das Pressezentrum, Veranstaltungs- sowie
       Erholungsflächen. Geisel und Lütke Daldrup schätzten die Baukosten auf rund
       eine Milliarde Euro.
       
       Voller „Visionen“, die für das zukünftige Berlin laut Geisel nötig seien,
       und als wirkliche Konkurrenz zu den Architekturen der olympischen
       Sportstätten ist das Konzept aber nicht. Zwar schmiegt sich das
       Sportlerdorf als urbane Verlängerung an den Kurt-Schumacher-Platz an und
       wird durch Grünflächen und Wasserkanälen durchzogen. Doch die in dem
       Entwurf aufgereihten Bauklötzchen, offenen oder geschlossenen Blöcke sowie
       Berlins berüchtigte Blockrandbebauung erinnern eher an Plattenviertel in
       Marzahn als an innovative Stadtentwicklungs- und Architekturkonzepte des
       21. Jahrhunderts. Ein solcher Häuserbrei in Reih und Glied als Konzept für
       das olympische und paralympische Dorf sollte schleunigst im Papierkorb der
       Bauverwaltung landen – besteht doch die Gefahr, dass hier Sportler und
       Sportlerinnen – und später Bewohner – einen Lagerkoller kriegen.
       
       Einen Vorschlag für einen neuen Ansatz im Umgang mit Planungen für ein
       olympisches Dorf machten zeitgleich die Architektengruppe Graft. Statt in
       den „alten Schubladen“ zu denken, böte sich „die einzigartige Chance, hier
       eine Stadt der Zukunft zu planen, die auch architektonisch neue Wege geht“,
       so die Architekten Wolfram Putz und Thomas Willmeit in der gestrigen
       Montagsausgabe der Morgenpost. So könnte etwa baulich die Vielfalt der
       Nationen und Kulturen abgebildet werden.
       
       Geisel räumte ein, dass solcherlei „Zukunftsarchitektur“ noch nicht das
       Konzept prägten, und forderte Graft auf, sich an dem angedachten
       Städtebau-Wettbewerb 2016 zu beteiligen.
       
       23 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rolf Lautenschläger
       
       ## TAGS
       
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