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       # taz.de -- Der neue Trainer von Mainz 05: Brennender Mitreißer an der Linie
       
       > Mainz ist wieder wer – und das hängt vor allem mit dem unter
       > Kuhglockengebimmel debütierenden Schweizer Coach Martin Schmidt zusammen.
       
   IMG Bild: Drei Punkte, ein emotionales Erlebnis, Aufbruchstimmung: All das brachte das Trainerdebüt von Martin Schmidt
       
       Sofort nach dem Schlusspfiff eilten die Präsidiumsmitglieder von Mainz 05
       auf den Platz und drückten Martin Schmidt, den neuen Trainer. So
       erleichtert und ausgelassen wie nach dem 3:1 gegen Eintracht Frankfurt hat
       man die Herren seit Monaten nicht mehr gesehen. Kein Wunder: Dieser
       Derbysieg verschafft den Mainzern Luft im Abstiegskampf. Auch auf den
       Tribünen herrschte am Wochenende eine Stimmung wie lange nicht mehr.
       
       Humbta und Tätärä, Menschen, die klatschten und lachten. Endlich hatte
       Mainz 05 wieder so Fußball gespielt, wie man das aus den Zeiten der
       Emotions-Extremisten Jürgen Klopp und Thomas Tuchel gewohnt war: mutig,
       wild und aggressiv nach vorne. Das Trainerdebüt des lauten Schweizers
       Schmidt erfüllte alles, was sich die Verantwortlichen davon versprochen
       hatten: drei Punkte, ein emotionales Erlebnis für Mannschaft und Fans,
       Aufbruchstimmung.
       
       Eines war aber anders: Dieses Kuhglockengebimmel erinnerte eher an eine
       Ski-WM als an ein Bundesligaspiel. Die zahlreich angereiste Verwandtschaft
       von Schmidt hatte vier Kuhglocken und eine rot-weiße Kantonsfahne aus dem
       Wallis mit dem Logo von Mainz 05 mitgebracht. Die Anwesenheit seiner Eltern
       (Vater Beat war mit 82 erstmals in einer Fußball-Arena), seines Bruders,
       seiner fünf Schwestern und seiner Neffen und Nichten hätten ihm Kraft
       gegeben, erzählte Schmidt nach seinen ersten 92 Minuten in der Coaching
       Zone eines Bundesligastadions.
       
       Das Debüt dieses 47 Jahre alten Schweizers war ja wegen seines
       ungewöhnlichen Lebenslaufes schon vorher ein Ereignis: früher arbeitete der
       Bergführer und Extremskifahrer jahrelang als Mechaniker bei der deutschen
       Tourenwagenmeisterschaft, führte ein eigenes Tuning-Unternehmen und
       gründete eine Bekleidungsfirma. Seine Beziehung zu seiner Freundin, einem
       22 Jahre jüngeren Model, wurde vom Boulevard thematisiert und nun auch noch
       die Kuhglocken-Folklore aus dem Wallis. Einerseits lenkt all das vom
       Fachlichen ab, aber andererseits ist Mainz 05 mit diesem originellen Typen
       an der Seitenlinie plötzlich wieder ein Thema.
       
       ## Charismatisch und authentisch
       
       Der vergangenen Dienstag beurlaubte Däne Kasper Hjulmand blieb in seinen
       acht Monaten im Verein und für die Fans ein Fremder. Schmidt würdigte
       Hjulmand zwar als tollen Trainer – den Abstiegskampf in der Bundesliga
       traute Manager Christian Heidel dem Dänen aber nicht zu.
       
       Bei Schmidt ist das anders: Der hat Charisma, ist authentisch und
       verinnerlichte in den letzten fünfeinhalb Jahren den – vor allem von Thomas
       Tuchel praktizierten – offensiven Vorwärtsverteidigungsfußball. Wild und
       laut spielte Mainz 05 gegen die Eintracht mit Schmidt, kühl und sachlich
       zuvor unter Hjulmand: auch deshalb entstand bei den Verantwortlichen und
       bei den Fans der Eindruck, ein lange Zeit vermisster alter Freund sei
       zurückgekehrt, mit dem man schnell wieder auf einer Wellenlänge liegt.
       
       260 „Läufe in die Tiefe“ und „Umschaltüberfälle“ (Schmidt) genügten, um die
       matten Frankfurter zu besiegen. Schmidt weckte nicht nur die unter seinem
       Vorgänger verloren gegangenen Tugenden, die seine Spieler „ohnehin auf der
       Festplatte haben“ (Schmidt). Er setzte auch mit der Zusammenstellung des
       Kaders Zeichen. So kehrte der langjährige Kapitän Nikolce Noveski, der
       unter Hjulmand keine Rolle mehr gespielt hatte, auf die Ersatzbank zurück.
       Der zuletzt gesetzte, aber fahrig agierende Chilene Gonzalo Jara fehlte
       hingegen im Kader. Engagiert an der Seitenlinie fuchtelnd erlebte man
       Schmidt – unter Hjulmand hatten die Spieler einen Mitreißer an der Linie
       offenbar vermisst. Innenverteidiger Niko Bungert sagte: „Wenn du siehst,
       dass ein Trainer draußen brennt, hilft das auch auf dem Platz.“
       
       In der kurzen Zeit habe er lediglich durch „Brüllen die Sinne der Spieler
       geschärft“, erklärte Schmidt. Nachdem unter Kuhglockengeläut der erste
       Schritt gelang, geht es in Mainz nun ans Fine Tuning. FSV-Manager Christian
       Heidel stellt klar: „Martin Schmidt ist kein Interimstrainer.“
       
       23 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schächter
       
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