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       # taz.de -- Pläne für Berlins historische Mitte: Neue Liebe zu den Bürgern
       
       > Soll die historische Innenstadt Berlins wieder aufgebaut werden? Das soll
       > ein ergebnisoffenes Verfahren entscheiden, aus dem sich die Experten
       > raushalten.
       
   IMG Bild: Vielleicht könnte man auch noch einen zweiten Fernsehturm bauen?
       
       Wenn das kein ambitioniertes Ziel ist: „Wir wollen wissen, was dieser Ort
       den Berlinern bedeutet“, sagt Regula Lüscher. Die Senatsbaudirektorin will
       mit einer Auftaktveranstaltung am 18. April einen Dialogprozess für die
       Stadtmitte zwischen Fernsehturm und Spree starten. Am Freitag hat sie den
       Fahrplan vorgestellt. Und das – ebenso ambitionierte – Motto gleich dazu:
       „Alte Mitte. Neue Liebe“.
       
       Vielleicht hätte das Motto besser gelautet: Alte Mitte, neuer Anlauf. Denn
       schon vor einem Jahr sollte Lüscher mit ihrem eigens dafür eingesetzten
       14-köpfigen Kuratorium Vorschläge für die Neugestaltung der ehemaligen
       historischen Innenstadt vorlegen.
       
       Dass es dazu nicht kam, lag auch daran, dass sich das Kuratorium nicht
       einigen konnten. „In diesem Gremium sitzen die Befürworter einer erneuten
       Bebauung ebenso wie die Gegner“, betonte Lüscher. Also wurde der Resetknopf
       gedrückt. Lüscher: „Das war ein Lernprozess.“
       
       Im neuen Dialogprozess, der Ende dieses Jahres abgeschlossen sein soll, ist
       das Kuratorium nicht mehr Akteur, sondern nur noch Kontrolleur des
       Verfahrens. „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass der Dialogprozess
       ergebnisoffen ist“, sagte Lüscher. „Ich selbst werde mich deshalb mit
       meiner persönlichen Meinung zu diesem Thema zurückhalten.“ Lüscher, die
       auch Mitglied im Kuratorium ist, gilt als Gegnerin einer Rekonstruktion der
       Berliner Altstadt.
       
       Wie das mit der Ergebnisoffenheit klappen soll, erklärt Daniela Riedel von
       der Agentur Zebralog, die das Verfahren moderiert. „Wir wollen zunächst von
       Anwohnern, aber auch von Touristen, Experten und Initiativen wissen, wie
       sie die Berliner Mitte sehen.“ Diese Art „Anamnese“ soll auf vielen Ebenen
       erfolgen. „Es wird Veranstaltungen, Spaziergänge, Onlinedialoge und ein
       partizipatives Theater geben“, erklärt Riedel, deren Agentur die
       europaweite Ausschreibung des 450.000 Euro teuren Verfahrens gewonnen hat.
       Erst wenn die Ergebnisse dieser ersten Stufe in einem sogenannten
       Halbzeitforum gesammelt wurden, gehe es um die Frage, was aus dem Ort
       werden soll. Darüber wiederum soll in einem Abschussforum debattiert
       werden. „Danach werden die Vorschläge gefiltert“, erklärt Riedel. Das sei
       die Aufgabe sogenannter Botschafter, die von den einzelnen Veranstaltungen
       benannt werden sollen. „Damit sichern wir, dass das Verfahren bis zum
       Schluss offen bleibt.“
       
       ## Lob von den Grünen
       
       Tilmann Heuser, der Vorsitzende des BUND Berlin, findet dieses Vorgehen
       nicht kompliziert, sondern innovativ. „Hier wird konsequent der Inhalt vom
       Verfahren getrennt“, sagt Heuser, der auch den Dialog zum Tempelhofer Feld
       koordiniert und selbst im Kuratorium Berliner Mitte sitzt. Auch von den
       Grünen kommt Lob. „Wenn das Verfahren klappt, ist das sicher hilfreich“,
       sagte Fraktionsvorsitzende Antje Kapek der taz. Kapek kritisiert
       allerdings, dass der Dialog auf den Freiraum zwischen Fernsehturm und Spree
       beschränkt ist. „Man hätte das auf den Alexanderplatz und Molkenmarkt
       ausweiten müssen.“
       
       Ebenso ambitioniert wie das Verfahren ist der Zeitplan. „Beteiligung kann
       auch ermüden, deswegen wollen wir in diesem Jahr fertigwerden“, betont
       Senatsbaudirektorin Lüscher. Im Januar soll dann das Abgeordnetenhaus
       entscheiden. Noch vor der Wahl im Herbst 2016, so Lüscher, soll es dann
       einen Wettbewerb geben, „der die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses
       umsetzt“.
       
       Spätestens dann ist wieder der alte Streit zwischen Befürwortern und
       Gegnern einer Bebauung zu ewarten. „Dieser Ort ist schwer umkämpft“, räumte
       Lüscher ein. Die Grüne Kapek fürchtet, dass das Thema auch den Wahlkampf
       bestimmen könnte. „Wir müssen der Berliner Mitte mehr Zeit geben“, fordert
       sie.
       
       13 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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