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       # taz.de -- „Elser“ auf der Berlinale: Der „kleine Schorsch“, ein Attentäter
       
       > Die Bombe war da, am 8. November 1938. Aber Hitler ging zu früh. Oliver
       > Hirschbiegel setzt dem Attentäter Georg Elser ein filmisches Denkmal.
       
   IMG Bild: Befragung und Folter durch Kripo und Gestapo: Die Nazis glauben nicht, dass Elser allein gehandelt hat
       
       Im Alleingang suchte Georg Elser den Führer aus dem Weg zu räumen. Der
       gelernte Dreher und Schreiner aus dem schwäbischen Königsbronn bastelte
       eine Bombe, die am 8. November 1939 im Bürgerbräukeller in München
       detonieren sollte. Exakt zu dem Zeitpunkt, als Adolf Hitler vor der
       NS-Elite sprechen wollte, löste der Zeitzünder den Mechanismus des
       Sprengkörpers aus. Doch da hatte Hitler den Bürgerbräukeller bereits
       verlassen. Dreizehn Minuten früher als geplant. Acht Menschen starben,
       Hitler aber entkam.
       
       Oliver Hirschbiegel rekonstruiert in „Elser“ diesen Moment, als der „kleine
       Schorsch“ aus Königsbronn der Geschichte fast eine Wendung gegeben hätte.
       Die Anfangssequenz dieses realistisch gedrehten Biografiendramas zeigt
       Elser (Christian Friedel), wie er in schmerzhafter nächtelanger Kleinarbeit
       den Pfeiler im Bürgerbräukeller aushöhlt. Und wie er auf der Flucht in
       Konstanz an der Schweizer Grenze auffiel und verhaftet wird, unterm
       Mantelrevers ein Abzeichen des Rotfrontkämpferbunds, zu einem Zeitpunkt,
       als die Bombe in München noch gar nicht gezündet hatte.
       
       In Berlin wird Elser von Kripochef Arthur Nebe (Burkhard Klaußner) sowie
       dem Leiter der Geheimen Staatspolizei Heinrich Müller (Johann von Bülow)
       verhört, schweren Folterungen unterzogen. Der Führer will nicht glauben,
       dass Elser allein gehandelt hat. Hirschbiegel geht in diesen Szenen an die
       Grenzen des Darstellbaren, überschreitet sie aber im ethisch-moralischen
       Sinne nicht. Der Regisseur, dessen großer Erfolg die
       Bernd-Eichinger-Produktion „Der Untergang“ 2005 war, weiß, wie weit er
       gehen darf – und im Sinne von Geschichtsaufklärung vielleicht auch gehen
       muss.
       
       Überzeugend auch die Rückblenden, mit denen Hirschbiegel Biografie und
       Radikalisierung Elsers verständlich macht. Wie der Faschismus auch im
       hintersten Kaff Einzug hielt, gedeihend auf Opportunismus, familiärer
       Gewalt, Alkoholismus und Stumpfheit. Hirschbiegel setzt hier einen Elser in
       Szene, der mit den Unterlegenen und Kommunisten sympathisierte, Swing,
       Tango und vor allem das Weibliche liebte.
       
       Elser, Einzelgänger, Musiker, Handwerker – ein Frickler mit Rückgrat.
       Dennoch setzt er auch dessen Größe grenzen. Etwa in der Darstellung der
       (illegitimen) Liebesbeziehung zu Elsa (Katharina Schüttler), einer komplex
       gestalteten Frauenfigur.
       
       Historisch fragwürdig sind jedoch manche Rollenausmalungen und Dialoge aus
       dem Verhörraum in Berlin – wenn auch der historische Arthur Nebe
       tatsächlich später ebenfalls hingerichtet wurde.
       
       13 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Fanizadeh
       
       ## TAGS
       
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