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       # taz.de -- Fluggastdaten-Speicherung: EU-Abgeordnete knicken ein
       
       > Bis zum Ende des Jahres soll es eine Richtlinie zur vorsorglichen
       > Überwachung aller Passagiere geben. Das Parlament stimmt jetzt doch zu.
       
   IMG Bild: Verunsicherte Fluggäste: Die Piloten streiken – und jetzt will die EU-Kommission auch noch ihre Daten speichern und auswerten
       
       FREIBURG taz | Das Europäische Parlament hat seinen Widerstand gegen die
       geplante vorsorgliche Speicherung aller europäischen Fluggastdaten
       aufgegeben. In einer Resolution versprachen die Abgeordneten am
       Mittwochnachmittag, „bis Ende des Jahres“ auf die Verabschiedung einer
       entsprechenden EU-Richtlinie hinzuarbeiten.
       
       Die Resolution wurde mit 532 Stimmen von Christ- und Sozialdemokraten sowie
       Liberalen getragen, während die 136 Gegenstimmen vor allem von Grünen und
       Linken kamen. Bisher hatte das Europäische Parlament eine
       Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten verhindert, nun ist die Mehrheit
       nach den Anschlägen von Paris eingeknickt – obwohl die
       Charlie-Hebdo-Attentäter kein Flugzeug benutzten.
       
       Die Idee der Fluggastdatenspeicherung und der Auswertung stammt von den
       USA. Nach den Anschlägen von 2001, die mit entführten Flugzeugen
       durchgeführt wurden, forderten die USA von den europäischen
       Fluggesellschaften die Übermittlung der Fluggastdaten. Sie wollten Zugriff
       auf alle Daten, die die Passagiere im Reisebüro angegeben hatten. Im Falle
       der Weigerung drohten die USA mit dem Entzug der Landerechte. Deshalb gaben
       die Airlines nach.
       
       Die EU reagierte damals empört und versuchte in einem Abkommen, den Umfang
       der Speicherung zu begrenzen. Das war aber schwierig, da die USA am
       längeren Hebel saßen. Nach einigen Jahren kippte aber die Diskussion.
       
       ## 42 Datensätze pro Fluggast
       
       Die EU war nicht mehr empört, sondern wollte nun selbst die Fluggastdaten
       auswerten. Zunächst ging es nur um interkontinentale Strecken. Inzwischen
       wird aber auch über eine Überwachung des innereuropäischen Verkehrs
       diskutiert. 2007 legte die EU-Kommission einen ersten Vorschlag für eine
       Richtlinie vor.
       
       Nach dem aktuellen Vorschlag der Kommission sollen 42 Datensätze pro
       Fluggast gespeichert werden. Wer fliegt wann wohin, mit welchem Konto wird
       gezahlt, gab es Mitreisende oder besondere Essenswünsche? Die Daten sollen
       fünf Jahre lang gespeichert werden. So sollen zum einen nachträglich die
       Wege und Kontakte von Verdächtigen rekonstruiert werden können. Zum anderen
       sollen so aber auch verdächtige Reisemuster von bisher unbekannten Personen
       erst erkannt werden.
       
       Das Europäische Parlament will, dass die Fluggastdaten künftig parallel mit
       der geplanten EU-Datenschutz-Grundverordnung verhandelt werden. Das
       Zugeständnis bei den Fluggastdaten soll also ausgerechnet dem seit Langem
       stockenden Großprojekt beim allgemeinen Datenschutz neuen Schwung
       verleihen.
       
       Außerdem hat das Parlament die EU-Kommission aufgefordert, zu zeigen, wie
       die Fluggastdatenspeicherung mit der Rechtsprechung des Europäischen
       Gerichtshofs vereinbar ist. Dieser hat schließlich im letzten April die
       EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekomdaten für nichtig
       erklärt.
       
       12 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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