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       # taz.de -- Trauerfeier für Richard von Weizsäcker: Eine Galionsfigur deutschen Leids
       
       > Im Berliner Dom nahmen hochrangige Politiker vom verstorbenen
       > Ex-Bundespräsidenten Abschied. Zum Staatsakt waren auch internationale
       > Gäste geladen.
       
   IMG Bild: Alle tragen trauriges Schwarz – nur Frau Merkel trägt ein amüsiertes Lächeln.
       
       BERLIN dpa | Mit einem Staatsakt im Berliner Dom hat Deutschland Abschied
       von Richard von Weizsäcker genommen. Bundespräsident Joachim Gauck und
       andere Spitzenpolitiker würdigten das frühere Staatsoberhaupt am Mittwoch
       als großen Deutschen und überragenden Staatsmann, der für sein Land nach
       dem Zweiten Weltkrieg neues Vertrauen in der Welt geschaffen habe. „Wie nur
       wenige stand er für unser Land - und wie nur wenige hat er für unser Land
       weltweit Achtung und Sympathie erworben“, sagte Gauck.
       
       Weizsäcker war am 31. Januar im Alter von 94 Jahren gestorben. Er war
       zwischen 1981 und 1984 Regierender Bürgermeister von Westberlin und von
       1984 bis 1994 Bundespräsident. In seine Amtszeit fielen der Mauerfall und
       die deutsche Wiedervereinigung.
       
       An der Trauerfeier nahmen etwa 1400 geladene Gäste teil, neben Weizsäckers
       Ehefrau Marianne (82) auch Kanzlerin Angela Merkel und andere
       Kabinettsmitglieder. Unter den Trauergästen waren die frühere
       niederländische Königin Beatrix (77), der ehemalige polnische Präsident
       Lech Walesa (71) und US-Botschafter John Emerson. Auch die zurückgetretenen
       Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff waren gekommen.
       
       Als bedeutendste politische Rede Weizsäckers gilt seine Ansprache vom 8.
       Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes. Damals nannte er die
       Kapitulation Deutschlands einen „Tag der Befreiung“. Mit dieser Rede habe
       sich Weizsäcker „um sein Vaterland verdient gemacht“, sagte Gauck. „Nicht
       weil er gesagt hätte, was damals niemand gewusst hat. Er hat vielmehr das
       gesagt, was 1985 alle wissen mussten, was aber auch 1985 noch immer nicht
       alle wissen wollten.“
       
       ## Das Leiden der Deutschen
       
       Gauck würdigte seinen Vorgänger als Integrationsfigur für die Deutschen in
       Ost und West, der Maßstäbe für das Amt gesetzt habe. „Wir verneigen uns vor
       Richard von Weizsäcker, einem großen Bundespräsidenten, der, als es an ihm
       war, das Richtige sagte und das Richtige tat.“ Weizsäcker habe klar
       gemacht, dass die Leiden vieler Deutscher durch Krieg und Vertreibung ihre
       Ursache in der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hatten.
       
       Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: „Richard von Weizsäcker
       hat der Welt neues Vertrauen in unser Land gegeben.“ Dies sei notwendig
       gewesen auf dem Weg zur Wiedervereinigung. Ex-Bundestags-Vizepräsidentin
       Antje Vollmer (Grüne) nannte Weizsäcker einen „Glücksfall für unser Land“.
       
       Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, Weizsäcker habe sich immer
       für alle verständlich geäußert. „Er ist auch darin ein Vorbild in unserer
       heutigen Zeit, die ja zunehmend auch von unangemessener Aufgeregtheit und
       dadurch oft auch von einer Aggressivität geprägt ist, die das
       gesellschaftliche und politische Klima manchmal vergiftet.“ Die große
       Persönlichkeit Weizsäckers sei vielleicht der wahre Grund, warum dieser „so
       sehr helfen konnte, uns Deutsche mit uns und die Welt mit Deutschland zu
       versöhnen. Das wird bleiben.“
       
       Nach Gottesdienst und Staatsakt gab es ein militärisches
       Abschiedszeremoniell vor dem Dom und einen Empfang im Roten Rathaus. Später
       sollte Weizsäcker im engsten Familienkreis auf dem Waldfriedhof in
       Berlin-Dahlem beigesetzt werden.
       
       11 Feb 2015
       
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