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       # taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Die Waffen ruhen nicht
       
       > Vor dem geplanten Friedensgipfel ist es im Osten des Landes zu heftigen
       > Gefechten gekommen. Das Hauptziel der Verhandlungen ist ein
       > Waffenstillstand.
       
   IMG Bild: Eine Einwohnerin von Donezk – zu sehen durch ein Einschussloch.
       
       KIEW afp/rtr | In der von prorussischen Rebellen kontrollierten
       ostukrainischen Stadt Donezk ist am Mittwoch durch den Beschuss einer
       Bushaltestelle mindestens ein Mensch getötet worden. Ein Reuters-Augenzeuge
       berichtete, eine Granate habe das Dach der Haltestelle im Stadtzentrum
       durchschlagen. Neben einem ausgebrannten Kleinbus sei die Leiche eines
       Mannes zu sehen gewesen. Sanitäter sagten, als Folge des Angriffs sei eine
       weitere Person im Krankenhaus gestorben, zwei andere seien schwer verletzt
       worden.
       
       Schon am Dienstag hatte es im Osten des Landes weiter heftige Gefechte
       gegeben. Die Regierung in Kiew warf den prorussischen Separatisten einen
       Angriff mit russischen Raketen auf das Armeehauptquartier in Kramatorsk
       vor. Insgesamt wurden demnach in den Konfliktregionen mindestens 37
       Menschen getötet. In Weißrusslands Hauptstadt Minsk bemühten sich
       Diplomaten und Rebellen, vor den für Mittwoch geplanten
       Friedensverhandlungen Streitfragen auszuräumen.
       
       Mehrere Raketen aus einem russischen Raketenwerfersystem vom Typ Tornado
       hätten die Kommandozentrale in Kramatorsk getroffen und 15 Menschen
       getötet, teilte das Militär mit. Die Rebellen wiesen die Verantwortung
       zurück. Kiew wirft Moskau seit Monaten vor, die Rebellen mit schweren
       Waffen zu versorgen. Moskau bestreitet dies.
       
       Die Separatisten weiten jedoch seit Wochen ihre Kontrolle im Osten der
       Ukraine aus. Auch um den seit Wochen umkämpften Bahnknotenpunkt Debalzewe
       dauerten die Gefechte am Dienstag an. Die Armee eroberte bei einer
       Offensive um die Hafenstadt Mariupol nach eigenen Angaben drei Dörfer, zwei
       weitere waren demnach umkämpft.
       
       ## Hauptziel Waffenruhe
       
       In Minsk kamen Vertreter Kiews, Moskaus und der Rebellen unter Vermittlung
       der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zusammen, um
       das für Mittwoch geplante Treffen zwischen Poroschenko, Russlands
       Staatschef Wladimir Putin, dem französischen Präsidenten François Hollande
       und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorzubereiten.
       
       Die Unterhändler saßen rund zwei Stunden zusammen. Anschließend erklärte
       Denis Puschilin, Vertreter der Separatisten, es sei „zu früh, um über eine
       Waffenruhe zu reden“. Die Rebellen hätten Vorschläge für eine Einigung
       vorgelegt, auf die nun reagiert werden müsse. Einzelheiten zu den
       Vorschlägen nannte Puschilin nicht.
       
       Hauptziele in Minsk sind eine neue Waffenruhe und der Abzug schwerer Waffen
       von der Front. Deren Verlauf ist aber umstritten. Putin warnte, es blieben
       „einige Punkte“ zu klären, damit der Gipfel stattfinden könne. Merkel und
       Hollande hatten ihren Vorstoß Ende vergangener Woche in Kiew und Moskau
       gestartet. Ob der Gipfel stattfindet, war bis zuletzt unklar.
       
       Am Montag sprach Merkel in Washington auch länger mit US-Präsident Barack
       Obama. In der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine sprach sich Obama
       gegen eine Aufrüstung Kiews aus, schloss dies für die Zukunft aber nicht
       aus. Am Dienstag telefonierte er nach Angaben aus dem Weißen Haus mit Putin
       und pochte darauf, die Souveränität der Ukraine zu achten.
       
       ## Sabotage befürchtet
       
       Merkel bekräftigte bei einem Besuch in Kanada ihre Ablehnung von
       Waffenlieferungen. „Ich hoffe, dass wir den Konflikt diplomatisch lösen
       können“, sagte sie am Montag nach einem Treffen mit dem kanadischen
       Premierminister Stephen Harper in Ottawa. Sollte der Minsker Gipfel zu
       keinen Fortschritten führen, müssten neue Schritte geprüft werden.
       
       Angesichts der Gewalt in der Ostukraine warnte Bundesaußenminister
       Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor dem Versuch, den geplanten Gipfel dadurch
       zu sabotieren. Dies würde „nicht zum ersten Mal“ geschehen, sagte er in
       Berlin. Es gebe nun „noch einmal eine große Chance“ für „einen ersten und
       wichtigen Schritt zur Entschärfung des Konflikts“.
       
       Hollande bekräftigte seinen „festen Willen“, in Minsk eine Friedenslösung
       zu erreichen. „Die Kanzlerin und ich werden bis zum letzten Moment dieses
       Treffens besonders aktiv sein“, sagte er am Dienstag in Paris.
       Außenminister Laurent Fabius sagte, die Verhandler gäben ihr „Maximum“,
       denn es gehe um „die Sicherheit Europas“.
       
       Die britische Regierung zog indes ebenso wie die USA Waffenlieferungen an
       Kiew in Erwägung. Außenminister Philip Hammond sagte in London, es sei die
       "Entscheidung jedes einzelnen Nato-Mitglieds, tödliche Waffen an die
       Ukraine zu liefern". Großbritannien habe aber noch nicht darüber
       entschieden.
       
       11 Feb 2015
       
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