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       # taz.de -- Senats-Check zur Hamburg-Wahl: Beim Thema Umwelt nichts geliefert
       
       > In der Umweltpolitik hat der SPD-Senat gehalten, was er versprochen hatte
       > – nichts. Aus der Umwelthauptstadt wurde eine Stadt, in der Ökologie
       > geächtet ist.
       
   IMG Bild: Nettes Foto, schlechte Bilanz: In Sachen Umweltpolitik hat der SPD-Senat so gut wir gar nichts getan.
       
       HAMBURG taz | Das war nichts. Seit 2011 fand eine Umwelt- und
       Naturschutzpolitik in Hamburg nicht statt. Allerdings mit Ansage. Denn weil
       Bürgermeister Olaf Scholz auf diesem Politikfeld nichts versprochen hatte,
       musste er auch nichts liefern.
       
       Schon die vollständige Ausklammerung des Umweltthemas aus seiner
       Regierungserklärung im März 2011 hatte die Befürchtung genährt, dass
       ökologische Themen unter der absoluten SPD-Herrschaft zum Verkümmern
       verdammt sein würden. Ob Naturschutz oder Artenvielfalt, saubere Luft und
       sauberes Wasser, Energiesparen, Flächenverbrauch oder strategische
       Landschaftsplanung – kein Wort, keine Ahnung, kein Interesse.
       
       Einzig sein damaliges Bekenntnis zum Atomausstieg eines Stadtstaates, der
       über kein einziges Atomkraftwerk die Aufsicht hat, konnte wohlwollend als
       mildernder Umstand akzeptiert werden, der Versuch, von der Energiewende
       durch erfolgreiches Werben um die Ansiedlung von Unternehmen aus der
       Branche wirtschaftlich zu profitieren, war klug und legitim – aber reine
       Standortpolitik.
       
       Nach einer Vorgabe der Europäischen Kommission müssen bis 2015 alle
       Hamburger Gewässer in einem ökologisch guten Zustand sein, passiert ist
       fast nichts. Alle 32 Oberflächengewässer sind weiterhin in einem
       „schlechten“ oder bestenfalls „mäßigen“ Zustand. Ein ähnliches Bild ergibt
       sich bei der Abfallpolitik und im Naturschutz. Unverändert liegt Hamburg
       bei der Mülltrennung im Großstadtvergleich auf dem letzten Platz.
       
       Die drei neuen Naturschutzgebiete, deren Ausweisung angekündigt worden war,
       gibt es noch immer nicht, nur das Eppendorfer Moor wurde erweitert. Zudem
       wurde der Etat für den Klimaschutz, der 2008 noch bei 25 Millionen Euro
       lag, auf 6,9 Millionen Euro im kommenden Jahr abgesenkt.
       
       Ökologisch widersinnig ist bis heute die Ablehnung der Stadtbahn, denn sie
       ist betriebswirtschaftlich nicht zu begründen und verkehrspolitisch
       rückwärts gewandt: Allen Ernstes Busse auf verstopften Straßen mit einer
       viertel Milliarde Euro zur Alternative hochzupäppeln, ist dummerhafter
       Strukturkonservatismus.
       
       Und die Pläne für eine U 5 gibt es ohne Zeit- und Finanzplan nur als
       Illusion: Bis 2040 sollen 30 Kilometer U-Bahn für 3,5 Milliarden Euro
       gebuddelt werden, statt 100 Kilometer Stadtbahn bis 2025 zum halben Preis
       zu verlegen – Hauptsache, dem Auto wird kein Straßenraum genommen. In
       dieselbe Kategorie fällt die sozialdemokratische Aversion gegen
       Umweltzonen, City-Maut und Tempo-30-Gebiete.
       
       Die geplante Elbvertiefung, derzeit noch vor Gerichten anhängig, ist selbst
       nach Senatsangaben für die Umwelt problematisch, aber dennoch unabdingbar.
       Und für Häuser und Straßen versiegelt die Stadt ungebrochen Jahr für Jahr
       fast 200 Hektar Grünflächen – das entspricht der Größe der Außenalster.
       Einzig die Einführung von Landstromanschlüssen für Schiffe im Hafen in
       diesem Jahr ist ökologisch unbestritten sinnvoll.
       
       Bezeichnend für die Ignoranz des SPD-Senats finden Umweltorganisationen wie
       der BUND und der Naturschutzbund dessen Weigerung, ein
       Verwaltungsgerichtsurteil vom November 2014 umzusetzen. Dieses hatte
       Hamburg dazu verurteilt, seinen Luftreinhalteplan mit einer Reihe von
       Maßnahmen so zu verschärfen, dass die Grenzwerte für Luftschadstoffe
       eingehalten werden könnten.
       
       Mehr als 200.000 Menschen in Hamburg sind von erhöhten Werten des
       gesundheitsgefährdenden Stickstoffdioxid aus dem Straßenverkehr betroffen.
       Doch die Stadt akzeptierte das Urteil nicht und legte Revision ein.
       
       Die schwarz-grüne Vorgängerregierung hatte noch die Versöhnung von Ökonomie
       und Ökologie beschworen. Mit dem rein roten Regiment – im Jahr der
       Umwelthauptstadt Europas 2011! – kam die Verhöhnung.
       
       10 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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