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       # taz.de -- Berlinale – was bisher geschah (5): Der Filmbasar
       
       > Der European Film Market ist der Branchentreff der Berlinale. Hier werden
       > die Filmdeals ausgehandelt. Nur wo bleibt der Champagner?
       
   IMG Bild: Wie auf dem Basar – der European Film Market im vergangenen Jahr.
       
       Vor dem Eingang des Berliner Martin-Gropius-Baus, ein paar hundert Meter
       vom Berlinale-Zentrum am Potsdamer Platz entfernt, warten üblicherweise
       Menschenschlangen auf Einlass in eine Blockbusterausstellung. Zuletzt
       liefen hier etwa die Schauen zu David Bowie und zu Pier Paolo Pasolini.
       
       Zu Berlinale-Zeiten ist das anders. Da steht vor dem Bau immer eine
       Menschentraube und raucht, und zwar anders, als Menschentrauben sonst etwa
       vor Bürogebäuden rauchen oder vor Restaurants. Sie raucht nicht so hastig,
       und alle sind miteinander in ein großes Gespräch vertieft. Networking auch
       in der Nikotinpause. Kann gut sein, dass mancher Filmdeal nur zustande kam,
       weil Anbieter und Buyer hier beim Feuergeben zueinanderfanden.
       
       Zu Berlinale-Zeiten ist der Martin-Gropius-Bau die [1][Heimat des European
       Film Market]. Man betritt das Gebäude durch die Drehtür, und der prächtige,
       überglaste Innenhof des Baus ist voller bunter Filmplakate, Menschen mit
       Tablet und Coffee to go in der Hand, und er sirrt von Gesprächen in allen
       Sprachen dieser Welt. Das hat einigen Flair. Die balkonartig auf mehreren
       Etagen umlaufenden Gänge und die liebreizenden Säulen fügen dem Ende des
       19. Jahrhunderts fertiggestellten Renaissance-Nachbau eine basarartige
       Anmutung hinzu.
       
       ## Ohne Champagnerkorken
       
       Das ist ein schöner Kontrast zu der Sachlichkeit, mit der in den vielen,
       vielen Boxen, Ständen und Kabinen, die in den rundumlaufend miteinander
       verbundenen Nebenräumen stehen, miteinander gedealt wird. 1.500
       internationale Einkäufer treffen hier auf 500 Aussteller. 107 Länder sind
       vertreten – manche, wie Belgien, gleich mehrfach.
       
       Da gibt es einen wallonischen, einen flämischen und einen Stand aus
       Brüssel. Die Berlinale schmückt sich mit dem Satz, zu den bedeutendsten
       weltweiten Branchentreffs der Filmbranche zu zählen. Wenn man hier
       herumläuft, glaubt man das sofort. Nur – aber vielleicht ist das auch
       gemein – die deutschen Stände sehen etwas sehr nach grundsolider,
       unaufregender Filmförderung aus.
       
       Gerne hätte man bei seinem Rundgang natürlich irgendwo Champagnerkorken
       knallen hören. Das gab es aber nicht, nur Kaffee und Wasser. Die richtigen
       Deals werden sicherlich in irgendwelchen Hinterzimmern ausgehandelt. Aber
       was zu entdecken gibt es ja immer. In einer ausliegenden Hochglanzbroschüre
       der BHD Vietnam Media Corp. erfährt man zum Beispiel, dass der Regisseur
       Nguyen Phan Quang Binh gerade einen Film mit dem Titel „Farewell, Berlin
       Wall“ dreht, über illegale vietnamesische Immigranten, die nach dem
       vietnamesischen Bürgerkrieg nach Deutschland wollten, asiatische Kampf- und
       romantische Liebesszenen offenbar inklusive. Klingt gut.
       
       11 Feb 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.efm-berlinale.de/en/home/homepage.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dirk Knipphals
       
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