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       # taz.de -- Nazis bedrohen Journalisten: Todesgrüße aus Dortmund
       
       > Neonazis veröffentlichen fingierte Todesanzeigen von Journalisten, die
       > über die rechte Szene schreiben. Die Betroffenen sprechen von
       > Morddrohungen.
       
   IMG Bild: Neonazis nehmen Abschied von Journalisten.
       
       KÖLN taz | Fünf Autoren haben Todesanzeigen mit ihrem eigenen Namen
       zugeschickt bekommen. Mit solchen fingierten Anzeigen bedrohen Nazis
       derzeit Dortmunder Journalisten, die über die rechte Szene schreiben. „Nach
       langem schweren Kampf gegen die Nationalen Aktivisten wird demnächst ganz
       elendig verrecken“, steht unter dem Namen eines Journalisten, „Brenne JUDE
       brenne“, unter dem eines anderen.
       
       Unter den Bedrohten ist der Journalist Sebastian Weiermann, der unter
       anderem für den Blog [1][„Ruhrbarone“] und den Berliner Tagesspiegel
       schreibt. Er bekam eine Nachricht über Twitter, die auf die mittlerweile
       gesperrte Facebookseite „Jagd eröffnet Jetzt“ führte. „In Liebe und
       Dankbarkeit nehmen wie fröhlich bald Abschied“, las er unter einer
       Todesanzeige mit seinem eigenen Namen. „Endlich einer weniger“, stand
       darin.
       
       Dortmunder Nazis haben auch Anzeigen mit den Namen von einem Blogger und
       drei weiteren Journalisten ins Internet gestellt, die auch für die Ruhr
       Nachrichten und den Blog Ruhrbarone schreiben. Unterzeichnet sind die
       Anzeigen mit „Nationaler Widerstand jetzt“ und einem Hinweis auf einen
       Online-Shop für Nazi-Utensilien namens „antisem.it“. Der Shop gehört einem
       führenden Kader der neonazistischen Partei „Die Rechte“, die im Dortmunder
       Stadtrat vertreten ist.
       
       Weiermann und sein Kollege Felix Huesmann, der auch für die taz über den
       Duisburger Pegidaableger berichtet hat, haben Strafanzeige erstattet. In
       Huesmanns Todesanzeige steht: „In unserem Herzen lebst du auf keinen Fall
       weiter. Bald ist es Zeit zu gehen.“ Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen
       aufgenommen. „Wir prüfen, ob der Tatbestand der Bedrohung erfüllt ist“,
       sagte Oberstaatsanwältin Barbara Vogelsang.
       
       ## Auftrieb durch Pegida
       
       In den Augen der Journalisten sind die Todesanzeigen Morddrohungen. „Wir
       lassen uns nicht einschüchtern“, sagt Weiermann. In Dortmund gibt es eine
       militante rechte Szene, die immer wieder Antifaschisten angeht. 2012 zogen
       100 Nazis vor den Wohnungen des Oberbürgermeisters, von
       Landesintegrationsminister Guntram Schneider (SPD) und der grünen
       Landtagsabgeordneten Daniela Schneckenburger auf. Seit „Die Rechte“ im Mai
       in den Stadtrat eingezogen ist, treten ihre Anhänger noch aggressiver im
       Stadtbild auf. An das Haus eines Bloggers wurden vor kurzem Hakenkreuze
       geschmiert.
       
       Die Dortmunder Drohungen gegen Journalisten haben eine neue Qualität, sagt
       Hendrik Zörner vom Deutschen Journalistenverband. Dass Reporter bei
       Parteitagen oder Aufmärschen von Nazis angegangen werden, habe es immer
       schon gegeben. „Das ist schlimm, aber nicht überraschend“, sagt er.
       
       In den vergangenen Monaten sei aber eine neue Entwicklung zu beobachten: In
       den sozialen Medien würden Journalisten massiv mit Beschimpfungen und
       Schmähungen übergossen, die aus eindeutig rechtsextremen Zusammenhängen
       stammten. „Das hat neuen Auftrieb bekommen durch die Lügenpresse-Kampagne
       von Pegida“, sagt Zörner. Es ist richtig, solche Vorfälle wie die in
       Dortmund öffentlich zu machen, ist er überzeugt. Damit zeigten die
       Journalisten, dass sie sich nicht einschüchtern lassen. „Das ist das
       wichtigste Signal.“
       
       Auch die Deutsche JournalistInnen-Union in Verdi ist empört. „Hier sind
       nicht nur Polizei und Staatsanwaltschaft gefragt, die Verteidigung der
       Pressefreiheit muss das Anliegen aller Demokraten sein“, sagt der
       Vorsitzende Ulrich Janßen.
       
       5 Feb 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.ruhrbarone.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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