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       # taz.de -- Neues Album von Jib Kidder: Im Ozean der Schnipselsounds
       
       > Der kalifornische Gitarrist Jib Kidder ist ein Eigenbrödler. Sein neues
       > Album „Teaspoon to the Ocean“ ist von psychedelischen Einflüssen geprägt.
       
   IMG Bild: Träumt gerne: Jib Kidder.
       
       Sean Schuster-Craig alias Jib Kidder ist auf dieser Seite des Atlantiks
       noch zu entdecken. Der US-Künstler setzt seine Songs und Kunstwerke gern
       aus Ton- beziehungsweise Bildschnipseln zusammen, bis sie ein stimmiges
       Ganzes ergeben. Mitunter überschneiden sich Visuelles und Akustisches bei
       ihm auch – sein Debütalbum „Small Guitar“ (2006) bestand aus 29
       „Gitarren-Origami-Miniaturen“.
       
       Für Kidders jüngstes Werk, „Teaspoon to the Ocean“, benutzt er anstelle der
       abstrakten Origami-Figuren nun Gitarre und Sampler, um Collagen zu
       erzeugen, die der Form nach als Songs gelten können. Psychedelische
       Einflüsse bestimmen ihren Klang. Manchmal hört sich das wie ein süffig
       arrangiertes Bandalbum an. Allerdings mit dem Unterschied, dass Jib Kidder
       alle Instrumente im Alleingang eingespielt hat.
       
       Unterstützung bekam er lediglich vom Keyboarder Zach Phillips und der
       befreundeten kalifornischen Künstlerin Julia Holter, die als
       Backgroundsängerin den Nummern „Appetites“ und „Illustration“ eine
       gespenstische Note beisteuert.
       
       ## Klingende Traumwelten
       
       Mit dem Gesang wäre ein weitere Einflussgröße Jib Kidders zu nennen. Denn
       der leicht klagende, helle Ton, in dem Kidder seine traumassoziativen Texte
       vorträgt, lässt an den Gesang des Über-Beach-Boys Brian Wilson denken, der,
       nachdem sein jugendliches Surfer-Image am Ende der sechziger Jahre
       verbraucht war, zunehmend als zerbrechlicher Melancholiker in Erscheinung
       trat.
       
       Die Nähe zu den Beach Boys teilt Schuster-Craig – ebenso wie den
       großzügigen Einsatz von Samplern – mit dem Musiker Noah Lennox alias Panda
       Bear. Jib Kidders klingende Traumwelten haben dabei einen surreal-komischen
       Einschlag, scheinen sich selbst nicht immer so richtig ernst nehmen zu
       wollen. Das ist kein Nachteil, schaffen Leichtigkeit und Humor Jib Kidders
       doch ein Gegengewicht zu seiner dezent gequälten Stimme. Im Ergebnis ist
       ihm damit ein nettes samplepsychedelisches Album gelungen.
       
       Dessen bewusst exzentrisches Auftreten hinterlässt gleichwohl den Eindruck,
       hier habe jemand entschieden „anders“ sein wollen, ohne recht zu wissen, wo
       er eigentlich genau steht. Aber das muss man ja auch nicht immer.
       
       8 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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