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       # taz.de -- Palästinensischer Aktivist vor Gericht: Militär urteilt über Abu Rahma
       
       > Ein Organisator des Widerstandes gegen die israelische Sperrmauer soll
       > hinter Gitter. Ihm wird illegaler „Aufruhr“ vorgeworfen.
       
   IMG Bild: Die Sperrmauer nahe Pisgat Ze'ev.
       
       BERLIN taz | Am Sonntag muss Abdallah Abu Rahma, Organisator des
       gewaltfreien Widerstandes in den besetzten palästinensischen Gebieten,
       wieder vor einem israelischen Militärrichter erscheinen. Dann soll das
       Strafmaß festgelegt werden, das in diesem Falle zwischen drei Monaten und
       fünf Jahren liegen kann.
       
       Sein Vergehen, für das er im Herbst 2014 verurteilt worden ist, bestand
       darin, sich einem israelischen Bulldozer in den Weg gestellt zu haben, der
       Felsblöcke für den Bau einer Straßensperre transportierte.
       
       Abu Rahma organisiert eine wöchentliche Demonstration im palästinensischen
       Dorf Bili’in, etwa 12 Kilometer westlich von Ramallah nahe der Grünen
       Linie, die Israel von der besetzten Westbank trennt. Seit mehr als zehn
       Jahren protestieren die Dorfbewohner und israelische sowie internationale
       Aktivisten jeweils freitags gegen den Bau der Mauer, die Israel als
       Sperranlage innerhalb des besetzten Gebiets errichtet, und den damit
       verbundenen Landraub. Der Oberste Israelische Gerichtshof hatte 2007 den
       Verlauf der Sperranlage als illegal eingestuft. 2011 wurde die Mauer um
       mehrere hundert Meter zurückversetzt.
       
       Die phantasievollen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen des zivilen
       Protestes haben die israelischen Behörden und die Armee immer wieder
       gereizt. Unzählige nächtliche Razzien und dutzende Festname im Dorf Bili'in
       waren nur eine der Folgen. Zudem wurden bei den Demonstrationen bislang
       zwei Menschen von der Armee getötet und Dutzende verletzt. Doch bis auf den
       heutigen Tag sind die Proteste nicht unterbrochen worden.
       
       Weil Abu Rahma die Hülsen der unzähligen Tränengasgranaten, die die
       israelische Armee auf die Demonstranten abgefeuert hat, gesammelt und
       demonstrativ ausgestellt hat, wurde er 2009 von der Armee in einer
       nächtlichen Razzia in Ramallah festgenommen und vor einem Militärgericht
       unter anderem wegen Waffenbesitzes angeklagt. Verurteilt wurde er dann aber
       wegen „Organisierens einer illegalen Demonstration“ und wegen „Aufruhrs“
       gegen die Besatzungsmacht. Rund ein Jahr verbrachte er hinter Gittern,
       bevor die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine Haftentlassung
       hatte er nicht zuletzt internationalen Protesten zu verdanken.
       
       ## Unterstützung von Amnesty International
       
       Im Jahre 2008 war Abu Rahma bereits von der Internationalen Liga für
       Menschenrechte mit der Carl-von Ossietzky-Medaille in Berlin ausgezeichnet
       worden. Im Jahre 2009 verlieh ihm die EU ganz offiziell mit Urkunde den
       Titel „Verteidiger der Menschenrechte“. Und der Friedensnobelpreisträger
       Erzbischof Desmond Tutu, nannte ihn „Gandhi der besetzten Gebiete“.
       
       In dieser Woche hat die Liga für Menschenrechte Mahnwachen in Berlin
       veranstaltet, um auf das Urteil gegen Abu Rahmeh aufmerksam zu machen.
       Amnesty International setzt sich in einer Kampagne unter dem Titel „Urgent
       Action“ für ihn ein. Die Organisation stuft den palästinensischen Lehrer
       und Vater von drei Kindern als „gewaltlosen politischen Gefangenen“ ein.
       Mit einer Unterschriftenkampagne setzen sich Amnesty sowie private
       Initiativen dafür ein, dass Abu Rahma nicht erneut hinter israelischen
       Gittern verschwindet.
       
       6 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Georg Baltissen
       
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