# taz.de -- Weniger Mitarbeiter und Billiglöhne: Karstadt sucht den Weg aus der Krise
> Der Konzern will sich mit weniger Mitarbeitern und Billiglöhnen sanieren.
> Besser beschriftete Produkte sollen Kundengespräche erübrigen.
IMG Bild: Bis 2016 will der Konzern 1.271 Stellen abbauen.
BERLIN taz | Weniger ist mehr: Mit dieser Gleichung will Karstadt wieder in
die Gewinnzone zurück. Der angeschlagene Warenhauskonzern plant offenbar,
in seinen Filialen mehr als jeden zehnten und in der Essener Zentrale jeden
vierten Arbeitsplatz abzubauen. Die Zahl der Vollzeitstellen solle so bis
2016 um 1.271 auf 8.170 reduziert werden, berichteten am Montag mehrere
Zeitungen unter Berufung auf ein 32-seitiges „Zukunftskonzept“.
Nach einem desaströsen Weihnachtsgeschäft – im November und Dezember
sackten die Umsätze um sechs Prozent unter die des Vorjahres ab – ist der
Handlungsdruck für Karstadt offenbar noch größer geworden. Deshalb will
Eigentümer René Benko die Personalkosten mit dem „Konzept“ weiter um 64 auf
308 Millionen Euro senken.
Der Österreicher hatte die Kette vor sechs Monaten für einen Euro vom
gescheiterten Investor Nicolas Berggruen übernommen. Nun will er die
Produktivität in den bundesweit 83 Filialen steigern: Laut internen
Berechnungen ist sie bis zu 30 Prozent geringer als beim Konkurrenten
Kaufhof. Angeblich muss in einigen Bereichen jeder zweite Manager gehen.
Auch für Kunden ändert sich einiges. Während der gesamten
Ladenöffnungszeiten soll künftig als „Grundbesetzung“ ein Mitarbeiter pro
Etage reichen. Die Betreuungsdichte soll sich nach dem Sortiment richten.
Der Schreibwaren-Bereich soll – anders als Uhren- oder Schmuckabteilung –
künftig ohne Berater auskommen. Dort soll Selbstbedienung gelten, statt
Verkäufern sollen sich Kunden an „besserer“ Beschriftung orientieren.
## Verdi: „Degradierung“ der Angestellten
Die Mitarbeiter in den Filialen sollen offenbar in drei Klassen eingeteilt
werden: Verkäufer, Kassierer und sogenannte Serviceteams, die sich vor
allem um das Füllen der Regale kümmern. Dies könnte bis zu 1.100
Mitarbeiter betreffen, die damit 300 Euro pro Monat verlieren.
Karstadt äußerte sich zu den Plänen vorerst nicht, ließ aber per Anwalt
dementieren, dass Mitarbeiter nach den niedrigen Tarifen der
Logistikbranche bezahlt werden sollten. Die Gewerkschaft Verdi hatte das
bereits als „Degradierung“ angeprangert. Eine Umgruppierung sei „rechtlich
innerhalb der bestehenden Struktur von Karstadt“ allerdings „gar nicht
möglich“, hieß es.
Erst im Oktober hatte der Aufsichtsrat beschlossen, sechs Filialen zu
schließen und 350 Mitarbeiter zu entlassen. Insgesamt sollen laut
Karstadt-Chef Stephan Fanderl 2.000 Beschäftigte zu viel an Bord sein. Er
kündigte auch Einsparungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld an.
Verdi äußerte sich empört. Für ein Warenhaus „braucht man ausreichend
Personal auf der Fläche“, sagte eine Sprecherin. „Daran darf nicht gesägt
werden.“
2 Feb 2015
## AUTOREN
DIR Kai Schöneberg
## TAGS
DIR Krise
DIR Essen
DIR Billiglohn
DIR Stellenabbau
DIR Karstadt
DIR Karstadt
DIR Einzelhandel
DIR Sanierungsplan
DIR Kündigung
DIR Thomas Middelhoff
DIR Thomas Middelhoff
DIR Karstadt
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Zusammenlegung von Warenhäusern: Karstadt will Kaufhof übernehmen
Karstadt-Eigner Signa hat eine milliardenschwere Offerte für Kaufhof
vorgelegt. Doch der Kaufhof-Mutterkonzern Hudson's Bay sagt, er habe keine
Verkaufsabsichten.
DIR Krise bei Karstadt: Weitere Schließungen angekündigt
Die angeschlagene Warenhauskette Karstadt schrumpft weiter. Insgesamt fünf
weitere Filialen sollen nach Medienberichten betroffen sein.
DIR Sanierungskonzept von Karstadt: Sozialplan und weniger Kündigungen
Der Konzern sieht einen Fonds von 2,3 Millionen Euro vor. Er zahlt an die
ausscheidenden Mitarbeiter Abfindungen und spricht nur 960 statt 1.400
Kündigungen aus.
DIR Sozialplan für Umbau bei Karstadt: Weniger Kündigung als befürchtet
Bei den Sanierungsvorhaben des Kaufhauskonzerns zeichnet sich eine Einigung
mit dem Betriebsrat ab. Die Eckpunkte eines Sozialplans stehen.
DIR Thomas Middelhoff verurteilt: Direktflug in den Knast
Middelhoff schuldet vielen Leuten viel Geld. Die Gläubiger nutzten die
Gerichtstermine, um Schulden einzutreiben. Einmal floh Middelhoff aus dem
Fenster.
DIR Prozess um Thomas Middelhoff: Schluss mit lustig
Der ehemalige Arcandor-Chef wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
ohne Bewährung verurteilt. Gegen ihn wurde ein Haftbefehl wegen
Fluchtgefahr erlassen.
DIR Kommentar Karstadts Sanierungskonzept: Kräftig holzen
Karstadt will und muss Stellen streichen. Allerdings dürften es deutlich
mehr werden als bisher angenommen. Bis zu 3.400 Jobs sind in Gefahr.