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       # taz.de -- Bosnische Waffenlieferung an die Ukraine: Keine Munition für Kiew
       
       > Die bosnische Regierung stoppt ein vereinbartes Geschäft mit der Ukraine.
       > Zuvor hatte Russland damit gedroht, das Gas abzudrehen.
       
   IMG Bild: Die Wirkung von Maschinengewehren hat die bosnische Bevölkerung während der Neunzigerjahre ausgiebig erfahren: durchlöcherte Hauswand in Mostar.
       
       SARAJEVO taz | Unter dem Druck der russischen Regierung hat Bosnien und
       Herzegowina am Wochenende eine schon vereinbarte Waffenlieferung an die
       Ukraine gestoppt. Es handelte sich um 300 Tonnen Munition mit einem
       Handelswert von 5 Millionen Euro, die von der Firma Unis mit Sitz in Ilidza
       (Sarajevo) an die Ukraine geliefert werden sollte.
       
       Der Stopp der Lieferung trifft die Firma schmerzlich, ist doch ein
       Exportauftrag dieses Volumens für Bosnien nicht alltäglich. Doch der
       politische Konflikt deutete sich vor zehn Tagen an. Der aus der serbischen
       Volksgruppe stammende Handelsminister Boris Tucic, der den Exportauftrag
       unterzeichnen sollte, trat mit der Begründung zurück, er könne nicht einem
       Vertrag zustimmen, der Moskau verärgere. Unterstützt wurde er vom
       Präsidenten der serbischen Teilrepublik Republika Srpska, Milorad Dodik.
       „Wir sind gegen Waffenlieferungen in Gebiete, wo gekämpft wird.“ Auch
       Tucics Nachfolgerin, die den bosnischen Sozialdemokraten (SDP) nahesteht,
       verweigerte die Unterschrift.
       
       Obwohl es in der nichtserbischen Öffentlichkeit viele Stimmen gibt, den
       Vertrag mit der Ukraine zu erfüllen, legte sich das bosnische
       Außenministerium quer. Die Entscheidung fiel, als am vergangenen Freitag
       die Russen noch einmal nachlegten. Der Sprecher des russischen
       Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, erklärte: „Wir betrachten die
       Waffenlieferung von Bosnien an die Ukraine mit großer Sorge.“ Mit diesen
       Waffen würden „unschuldige Zivilisten in der Ostukraine getötet“.
       
       Ob der bosnische Außenminister und Sozialdemokrat Zlatko Lagumdzija von
       diesem Argument beeindruckt war, ist nicht bekannt. Es sickerte aber in
       Sarajevo durch, dass die Russen gedroht hatten, den Gashahn zuzudrehen.
       
       Bosnien und Herzegowina ist von russischen Gaslieferungen abhängig. Mehr
       noch: Russland war bisher so kulant, die noch aus dem Krieg stammenden
       Schulden Bosniens zu stunden und auch bei den Zahlungsverzögerungen in
       diesem Winter ein Auge zuzudrücken. Die Botschaft aus Moskau – so das gut
       unterrichtete Internetportal klix – sei diesmal noch klarer gewesen:
       Sollten Dritte die Schulden Bosniens übernehmen, würde bei Abwicklung des
       Waffengeschäfts mit der Ukraine dennoch der Gashahn zugedreht.
       
       ## Veto von serbischer Seite
       
       Ausschlag für den Stopp des Deals gab offenbar das dreiköpfige
       Staatspräsidium. Das Handelsministerium hatte die Entscheidung an das
       eigentlich nicht zuständige „Staatsoberhaupt“ übertragen. Gegen das Veto
       der Schlüsselfigur im Staatspräsidium, des Serben Mladen Ivanic, hätten die
       kroatischen und bosniakischen Mitglieder im Staatspräsidium nicht ankommen
       können, selbst wenn sie es gewollt hätten.
       
       Aber das ist fraglich. In Sarajevo sind die Menschen nicht einmal so
       unglücklich über die Entscheidung. Was wäre geschehen, wenn die Russen in
       diesem kalten Winter ihre Drohung wahrgemacht hätten? „Wir haben genug
       Probleme. Die Russen sitzen zudem im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
       und können Bosnien und Herzegowina in jeder Beziehung schaden“, erklärte
       ein Mitglied des bosnischen Parlaments gegenüber der taz.
       
       3 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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