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       # taz.de -- Patriots gewinnen 49. Super Bowl: Der kleine Junge wird erwachsen
       
       > Im wohl spannendsten Super-Bowl-Finale aller Zeiten überflügelt Tom Brady
       > sein großes Vorbild Joe Montana. 28:24 gewinnt sein Team gegen Seattle.
       
   IMG Bild: Die Show stimmt immer beim Football und für sie auch das Ergebnis: Quarterback Tom Brady (r.) und Julian Edelman.
       
       Es war einmal ein kleiner Junge, der war wie Zehntausende andere kleine
       Jungen auch. Der kleine Junge wuchs auf im Norden Kaliforniens, in den
       Achtzigerjahren war er Stammgast im Stadion der San Francisco 49ers. Er
       träumte davon, einmal so zu sein wie Joe Montana. Der war Quarterback der
       49ers und für viele, nicht nur den kleinen Jungen, der beste Spielmacher
       aller Zeiten. Vier Mal gewann Montana die Super Bowl, drei Mal wurde er zum
       besten Akteur des großen Endspiels gewählt.
       
       Genau 24 Jahre nach Joe Montanas letztem Super-Bowl-Sieg hat der kleine
       Junge es seinem großen Vorbild gleichgetan. 28:24 gewannen die New England
       Patriots die NFL-Meisterschaft gegen die Seattle Seahawks, den eigentlich
       favorisierten Titelverteidiger.
       
       Es war der vierte Titel für ihren Quarterback Tom Brady, und zum dritten
       Mal wurde er zum Mann des großen Spiels gewählt. Ganz nebenbei warf er noch
       vier Pässe, die zum Touchdown führten, und überholte mit insgesamt 13
       solcher Pässe die elf des bisherigen Rekordhalters Montana. Spätestens
       jetzt ist Brady ebenfalls eine Legende, eine 37-jährige, sehr lebendige
       Legende.
       
       Die Fans der Patriots skandierten nach dem Spiel „The greatest ever“,
       während Brady interviewt wurde. „So einen Sieg nur ein einziges Mal zu
       erleben, war schon großartig. Aber vier Mal ist unglaublich“, sagte er
       gefasst. Brady ist nicht mehr der kleine Junge, er ist ein altgedienter
       Profi, dreifacher Vater, verheiratet mit Model Gisele Bündchen. „Im a lucky
       guy“, sagte Brady.
       
       ## Gute Mitspieler, herausragende Trainer
       
       Er meinte das Glück, in seiner Laufbahn mit guten Mitspielern und
       herausragenden Trainern gesegnet gewesen zu sein. Das Glück, in seinen
       ersten fünf Jahren als Profi schon drei Mal die Super Bowl gewonnen zu
       haben. Das Glück nach zwei weiteren, unglücklich verlorenen Endspielen doch
       noch einmal eine Chance bekommen zu haben. Und wohl auch das Glück, den
       Sieg noch aus dem Feuer gerissen zu haben: Mit zehn Punkten hatten die
       Patriots zu Beginn des letzten Viertels zurückgelegen und sahen wie die
       sicheren Verlierer aus, als Brady das größte Comeback in einem halben
       Jahrhundert Super-Bowl-Geschichte einleitete.
       
       Und Brady meinte wohl auch das Glück, das New England in den letzten
       Momenten des Spiels vor mehr als 70.000 in Phoenix zur Seite gestanden
       hatte. 26 Sekunden vor Schluss stand Seattle nur noch ein Yard vor der
       Endzone der Patriots. Ein Touchdown und sie, nicht Bradys Patriots, hätten
       das Spiel gewonnen.
       
       Doch statt ihren Star, Running Back Marshawn Lynch, den Ball zu den
       entscheidenden sieben Punkten wuchten zu lassen, warf Seahawks-Quarterback
       Russell Wilson einen schlecht gezirkelten Pass, der beim Gegner landete.
       Statt Touchdown und Titelverteidigung für Seattle ein denkbar dramatischer
       Sieg für New England in der wohl spannendsten Super Bowl aller Zeiten.
       
       Die Schuld dafür übernahm anschließend Pete Carroll. Der Trainer der
       Seahawks entschuldigte sich bei seiner Mannschaft dafür, den Pass
       aufgerufen zu haben, anstatt den Ball in die vermeintlich sichereren Hände
       von Lynch gegeben zu haben. „Ein Fehler“, sagte Carroll über seine
       Entscheidung, die für TV-Kommentator Deion Sanders und eine Amok laufende
       Twitter-Gemeinde „die schlimmste in der Geschichte der Super Bowl“ war.
       
       ## Ein Deutscher holt den Super Bowl
       
       Das Pech der Seahawks war auch das Glück von Sebastian Vollmer. Der war
       noch vor drei Jahren schwer enttäuscht, als die Patriots gegen die New York
       Giants verloren. Nun, bei seiner zweiten Chance, wurde Vollmer zum ersten
       Deutschen, der eine Super Bowl gewinnen konnte. Seit sechs Jahren spielt
       der 30-Jährige bei den Patriots, seine Aufgabe ist es, zusammen mit seinen
       Kollegen von der Offensive Line seinen Spielmacher Brady vor Angriffen der
       gegnerischen Verteidigung zu schützen. Diesen Job erledigte Vollmer gegen
       Seattle wieder mal ganz hervorragend. Als das Spiel entschieden war, konnte
       man Vollmer sehen, wie er ungläubig die Augen aufriss.
       
       Kurz darauf hatte ihn ein Kamerateam eines deutschen TV-Senders gestellt,
       um ihn zu befragen zu dem Meilenstein, den er eben passiert hatte. Doch
       Vollmer, der das Football-Handwerk einst in den Jugendmannschaften der
       Düsseldorf Panthers erlernte, ist kein Mann großer Reden. „Es ist
       wunderbar, ich habe keine Worte“, sagte er in nicht mehr ganz akzentfreiem
       Deutsch. Und dann erinnerte er sich, wem er das zu verdanken hatte: dem
       kleinen Jungen aus Nordkalifornien - Tom Brady.
       
       2 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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