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       # taz.de -- Präsidentenwahl in Italien: Renzis Meisterstück
       
       > Im vierten Wahlgang wurde der 73-jährige Sergio Mattarella zum neuen
       > Staatspräsidenten gewählt. Die Fäden zog Italiens Ministerpräsident.
       
   IMG Bild: Hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt: Matteo Renzi.
       
       ROM taz | Der vierte Wahlgang brachte den Sieg: Anders als in den ersten
       drei war nun nicht mehr eine Zweidrittel-, sondern nur noch die absolute
       Mehrheit notwendig; Mattarella überwand diese Hürde lässig mit 665 der
       1.009 Stimmen.
       
       Neben dem neuen Staatschef darf vor allem Ministerpräsident Matteo Renzi
       als der wahre Sieger gelten. Ihm gelang es, seinen in vielen Fragen
       zerstrittenen Partito Democratico (PD) zusammenzuschweißen, die politischen
       Gegner auf der Rechten wie auch auf der Linken zu Statisten zu degradieren
       und vor allem Italien jenes trübe Schauspiel zu ersparen, das es bei der
       [1][Präsidentenwahl vor knapp zwei Jahren] erlebt hatte.
       
       Im April 2013 hatte der gemäßigt linke PD, der in der Wahlversammlung über
       etwa 450 der gut 1.000 Stimmen verfügt, mit mehr als 100 Heckenschützen
       ihren eigenen Gründervater Romano Prodi erledigt; im Gefolge dieses
       Desasters sahen sich die Parteien von links bis rechts damals genötigt,
       Mattarellas Vorgänger Giorgio Napolitano auf Knien anzuflehen, sich noch
       einmal für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stellen.
       
       Der auf den 90. Geburtstag zusteuernde Napolitano hatte schließlich vor
       zwei Wochen [2][seinen Rücktritt erklärt] und damit die [3][Neuwahl nötig
       gemacht]. Viel wurde daraufhin spekuliert, ob Renzi einen Kompromiss mit
       Silvio Berlusconi – mit dem er sich auf ein Paket von Wahlrechts- und
       Verfassungsreformen geeinigt hatte – auch in der Präsidentennachfolge
       suchen und damit den PD spalten werde.
       
       ## Renzi zähmt Forza Italia und Grillo
       
       Doch Renzi tat das Gegenteil. Er verständigte sich mit den linken
       Minderheitsflügeln auf die Kandidatur Mattarellas. Sein Vorgänger und
       Frontmann der Parteilinken, Pierluigi Bersani, hatte die Bedingung
       formuliert: Der Regierungschef dürfe nicht „seine Hauskatze oder den
       Gärtner“, sprich: einen engen Renzi-Vertrauten, ins Rennen schicken, und er
       dürfe die Kandidatur auch nicht vom Plazet Berlusconis abhängig machen.
       
       Damit war Berlusconi ausgebremst. Seine Forza-Italia-Vertreter gaben am
       Ende weiße Stimmzettel ab; doch mindestens 40 der 147 FI-Parlamentarier
       stimmten am Ende für Mattarella. Besser konnte Renzi nicht die
       Einflusslosigkeit und Zerrissenheit der Rechten demonstrieren.
       
       Doch auch Beppe Grillos „Movimento 5 Stelle“ (M5S) stand am Ende bloß am
       Rand. Noch 2013 hatten die „Fünf Sterne“ mit Stefano Rodotà einen in der
       Linken hoch populären Verfassungsrechtler ins Rennen geschickt und den PD
       in schwere Verlegenheit gebracht. Diesmal hingegen nominierte M5S mit
       Ferdinando Imposimato einen früheren Staatsanwalt, der keinerlei
       Ausstrahlung in andere politische Lager hat.
       
       Renzi gelang es so, den Eindruck zu verfestigen, der sich schon in den
       letzten Monaten herauskristallisiert hatte. In Italiens Politik spielt
       momentan nur eine Mannschaft, den PD unter Führung des Regierungschefs,
       während die Berlusconi-Rechte vollauf mit ihrem eigenen Niedergang
       beschäftigt ist und den Grillini nichts einfällt, als ihre Splendid
       Isolation und damit ihre Politikunfähigkeit zu kultivieren.
       
       1 Feb 2015
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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