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       # taz.de -- Geplante Dreiprozenthürde in NRW: Schutz gegen engagierte Bürger
       
       > In NRW wollen SPD, CDU und Grüne eine Dreiprozenthürde für die nächste
       > Kommunalwahl einführen. Das stößt auf Widerstand bei Piraten und Linken.
       
   IMG Bild: Bald ohne Wählervereinigungen? Kölner Stadtrat.
       
       DÜSSELDORF taz | Schon an der Uni hatten sie gemeinsam für die Wahlen zum
       Studierendenparlament kandidiert. Danach verfolgte der Freundeskreis
       gemeinsam die Kölner Stadtpolitik – U-Bahn-Bau, Messeskandal und diverse
       andere Finanzaffären. „Wir fanden, dass in der Stadt etwas falsch läuft und
       wollten im Rat Impulse für etwas Neues geben“, berichtet Harald Schuster,
       Gründungsmitglied der Wählerliste „Deine Freunde“.
       
       Im ersten Anlauf kam die Gruppe auf 0,7 Prozent und einen Sitz im Stadtrat.
       Den WählerInnen gefiel offenbar, wie sie sich um Verkehrspolitik und Kultur
       kümmerte. Bei den Wahlen 2014 erreichten „Deine Freunde“ 2 Prozent und zwei
       Sitze. Doch die rot-grüne Landesregierung will kleine Wählervereinigungen
       wie „Deine Freunde“ nicht mehr in den Räten sehen. Sie arbeitet an einer
       Sperrklausel von 3 Prozent, die schon bei den nächsten Kommunalwahlen
       gelten soll.
       
       Derzeit gibt es in Nordrhein-Westfalen keinen Kreis und keine kreisfreie
       Stadt ohne Wählergemeinschaften oder EinzelkandidatInnen in den Räten. In
       14 von 23 sind zehn und mehr Parteien, Gruppen und Solitäre in die Räte
       gezogen. Die rot-grüne Landesregierung sieht darin eine „Zersplitterung“
       der politischen Landschaft, die die Arbeitsfähigkeit in den Räten gefährde.
       
       Tatsächlich wird in vielen Kommunen mit wechselnden Mehrheiten regiert.
       Mancherorts tagen die ehrenamtlichen Stadträte bis tief in die Nacht.
       Unzumutbar, findet die SPD. Der kleine Koalitionspartner ist auf seiner
       Linie. „Wir wollen die Funktionsfähigkeit der Kommunalparlamente bewahren“,
       sagt der grüne Landtagsabgeordnete Mario Krüger. In den meisten anderen
       Bundesländern gibt es bei Kommunalwahlen keine Hürden.
       
       Die Wiedereinführung ist riskant. Zweimal hat der Verfassungsgerichtshof
       NRW schon eine Sperrklausel für Kommunalwahlen kassiert – 1999 die
       Fünfprozenthürde und 2008 die von der schwarz-gelben Landesregierung
       beschlossene Einprozenthürde. Der Gesetzgeber brauche einen „zwingenden
       Grund“ für eine Sperrklausel, urteilten die Richter. Den will die SPD mit
       der von ihr diagnostizierten Funktionsunfähigkeit der Räte gefunden haben.
       Nach einem von ihr in Auftrag gegebenem Gutachten ist die Einführung der
       Hürde über eine Änderung der Landesverfassung möglich.
       
       ## Klagen erwartet
       
       Dafür braucht Rot-Grün die Christdemokraten. Im Januar hat sich auch die
       CDU-Fraktion für eine 2,5-Prozent-Hürde ausgesprochen. Gespräche über die
       Einführung sollen jetzt beginnen. SPD, CDU und Grüne wollen die
       Verfassungsänderung schnell über die Bühne bringen, damit mögliche
       Gerichtsverfahren bis zu den Kommunalwahlen 2020 abgeschlossen sind. „Wir
       gehen davon aus, dass es Klagen geben wird“, sagt eine Sprecherin der
       SPD-Landtagsfraktion.
       
       Die Piraten im Düsseldorfer Landtag sind strikt gegen eine Sperrklausel.
       Die FDP laviert. Man wolle sich einem „konstruktiven Dialog“ nicht
       verschließen, sagt der FDP-Abgeordnete Kai Abruszat. Die Linkspartei ist
       nicht mehr im Landtag vertreten, aber in vielen Kommunen. Sie ist gegen
       eine Hürde. „Die Gesellschaft hat sich stark ausdifferenziert, dem muss man
       Rechnung tragen“, sagt Linkspartei-Landesvorstand Darius Dunker. Dass
       Ratsitzungen mancherorts bis in die Nacht dauern, findet er nicht schlimm.
       „Demokratie ist eben auch ein bisschen anstrengend“, sagt er.
       
       Kommt die Hürde in die Landesverfassung, will die Linkspartei eine Klage
       dagegen prüfen. Die Aktivisten von „Deine Freunde“ haben dafür nicht genug
       Ressourcen. Klein beigeben werden die engagierten BürgerInnen nicht. Auch
       bei einer 3-Prozent-Sperrklausel wollen sie wieder antreten. „Wir werden
       kämpfen“, sagt Gründungsmitglied Schuster.
       
       29 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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