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       # taz.de -- „Charlie Hebdo“-Anschlag und die Folgen: EU will an Passagierdaten ran
       
       > Geburtstag, Reisebüro, Mahlzeitwünsche: Die EU will 42 Daten von
       > Fluggästen erheben und speichern. Das empört Abgeordnete aus dem
       > EU-Parlament.
       
   IMG Bild: Die EU will ganz schön viel über diese Leute wissen.
       
       BERLIN taz | Im April 2013 hat das EU-Parlament schon Nein gesagt, ein Jahr
       später erklärte der Europäische Gerichtshof die anlasslose Speicherung
       personenbezogener Daten für unvereinbar mit den Grundrechten in Europa. Und
       doch unternimmt die EU-Kommission nun erneut einen Versuch, alle
       EU-Fluggastdaten zu speichern. Der Entwurf dürfte auf der am Donnerstag
       beginnenden Tagung der EU-Innen- und Justizminister in Riga diskutiert
       werden.
       
       Als Konsequenz aus den Anschlägen in Frankreich sollen von allen Personen,
       die nach oder von Europa aus fliegen, künftig insgesamt 42 Daten erhoben
       werden. Die Speicherdauer ist auf bis zu fünf Jahre angelegt, [1][schreibt]
       der britische Guardian über den Entwurf aus der Kommission.
       
       In dieser Zeit sollen Polizei und Sicherheitsbehörden Einsicht in die Daten
       nehmen können. „Nach den bisherigen Erfahrungen“ biete die Speicherung „bei
       der Bekämpfung von gewaltbereiten Dschihadisten keinen Mehrwert“, sagt der
       grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht. Der Vorschlag sei „ein offener
       Affront“ gegenüber Parlament und Gerichtshof.
       
       Der Entwurf geht auf eine Verabredung zurück, die die Innenminister während
       des Pariser „Je suis Charlie“-Solidaritätsmarschs getroffen haben sollen.
       Danach sollen künftig nicht nur Name, Geburtstag, Reisebüro und „Name des
       Mitarbeiters im Reisebüro“ gespeichert werden, sondern auch „Besondere
       Wünsche des Passagiers, etwa zu speziellen Mahlzeiten“ – die etwa
       Rückschlüsse auf die Religionszugehörigkeit zulassen. Ebenso auf der
       Wunschspeicherliste der Kommission: „Hinweise auf One-way-Tickets“ – wie
       sie etwa Selbstmordattentäter benötigen könnten.
       
       ## Abkommen mit den USA, Kanada und Australien
       
       Die EU streitet seit Jahren über den Umgang mit diesen Daten. Bislang
       werden sie an Terrorfahnder in den USA weitergegeben, ähnliche Abkommen der
       EU gibt es auch mit Kanada und Australien. Die Behörden dort sollen damit
       die Reisewege von Verdächtigen erkennen können. Im EU-Parlament blockierte
       bislang eine Mehrheit aus Datenschutzgründen einen Vorschlag der
       EU-Kommission.
       
       „Ich habe nie verstanden, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, die Daten
       mit den USA zu teilen, aber nicht mit den anderen europäischen Ländern“,
       sagte Vize-Kommissionschef Frans Timmermans bereits in der vergangenen
       Woche. Der nun überarbeitete Entwurf enthalte strengere Datenschutzregeln
       und Absicherungen gegen Missbrauch der Daten.
       
       28 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.theguardian.com/uk-news/2015/jan/28/european-commission-blanket-collection-passenger-data
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
       ## TAGS
       
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