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       # taz.de -- BGH-Urteil zu Samenspenden: Kinder dürfen Vaternamen erfahren
       
       > Egal, wie alt ein Kind ist, es hat das Recht, den Namen des biologischen
       > Vaters zu wissen. So urteilt der Bundesgerichtshof. Zwei Schwestern
       > hatten geklagt.
       
   IMG Bild: Eine in Stickstoff gelagerte Samenprobe – wer spendet, hat keinen Anspruch auf Anonymität.
       
       KARLSRUHE dpa | Kinder haben grundsätzlich ein Recht darauf, frühzeitig den
       Namen ihres biologischen Vaters zu erfahren. „Ein Mindestalter ist nicht
       erforderlich“, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in
       Karlsruhe. Wenn Eltern diesen Anspruch als gesetzliche Vertreter geltend
       machen, setze dies voraus, dass sie die Auskunft für die Information des
       Kindes verlangen. Auch müssten die Interessen den Kindes schwerer wiegen
       als die des Samenspenders.
       
       Im vorliegenden Fall hatten zwei heute 12 und 17 Jahre alte Schwestern aus
       der Nähe von Hannover Auskunft von einer Reproduktionsklinik verlangt.
       
       Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1989 hat jeder
       das Recht auf Kenntnis seiner Herkunft. Strittig war, ob das auch schon für
       Kinder gilt. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 100.000 mit
       Samenspende gezeugte Kinder.
       
       Das Amtsgericht im niedersächsischen Hameln hatte der Klage der Schwestern
       im Juni 2013 stattgegeben, das Landgericht Hannover jedoch wenige Monate
       später in zweiter Instanz nicht. Dort entschieden die Richter, die
       Klägerinnen könnten ihr Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung erst mit
       Vollendung des 16. Lebensjahres geltend machen.
       
       ## Recht der Kinder oder Recht des Samenspenders
       
       Für den Anwalt der Kläger war die Sache klar: „Die Rechte der Kinder wiegen
       schwerer als das Recht des Samenspenders.“ Der Vertreter der Klinik
       zweifelte hingegen an, ob es wirklich die Kinder sind, die Auskunft wollen,
       oder ob nicht vielmehr die Eltern die Frage nach dem biologischen Vater
       umtreibt. Die Mädchen seien schließlich nie selbst bei Gericht oder bei der
       Klinik erschienen. Und selbst wenn sie es wollten, so der Klinik-Anwalt
       weiter: „Ist alles, was kleine Kinder wollen, vernünftig?“
       
       Die Eltern der Mädchen hatten bei der Klinik notariell auf Auskunft über
       die Identität des Samenspenders verzichtet. Nach einer Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1989 hat aber jeder das Recht auf
       Kenntnis seiner Herkunft. 2013 billigte das Oberlandesgericht Hamm
       (Nordrhein-Westfalen) erstmals in einem konkreten Fall, dass durch
       künstliche Befruchtung gezeugte Kinder Anspruch auf den Namen ihres Vaters
       haben. Das kann für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig sein, aber auch
       Unterhalts- oder Erbschaftsansprüche begründen.
       
       Samenbanken und Reproduktionskliniken sicherten Spendern in Deutschland
       jahrzehntelang vertraglich Anonymität zu. Seit 2007 gibt es neue
       gesetzliche Regelungen, nach denen Samenspender über die Möglichkeit
       aufgeklärt werden, dass von ihnen gezeugte Kinder später Kontakt zu ihnen
       suchen. Zudem müssen Unterlagen 30 Jahre lang aufbewahrt werden, zuvor war
       dieser Zeitraum deutlich kürzer.
       
       28 Jan 2015
       
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