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       # taz.de -- Zeugenaussage im NSU-Prozess: Böhnhardt vor Anschlag gesehen
       
       > Ein Mann mit Kofferbox auf dem Fahrrad: Eine Frau sagt aus, dem
       > mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt kurz vor dem Nagelbombenanschlag
       > begegnet zu sein.
       
   IMG Bild: Ewig gleiche Bilder aus dem Gerichtssaal in München: Beate Zschäpe mit ihren Anwälten.
       
       MÜNCHEN dpa | Mehrere Zeugen haben im NSU-Prozess die Zweifel an den
       Polizeiermittlungen nach dem Kölner Nagelbombenanschlag im Juni 2004
       verstärkt. Eine Rentnerin und ein Feuerwehrmann berichteten am Dienstag vor
       dem Oberlandesgericht München, sie hätten einen der mutmaßlichen Täter
       erkannt. Ihre Beschreibungen passten auf Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt.
       Die Polizei sei ihren Hinweisen aber nicht nachgegangen.
       
       Angeklagt wegen der Tat ist Beate Zschäpe, die sich außerdem für die zehn
       Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ aus überwiegend
       rassistischen Motiven verantworten muss. Böhnhardt und Mundlos hatten sich
       im November 2011 mutmaßlich selber das Leben genommen.
       
       Die Rentnerin sagte, ihr sei auf einem Trampelpfad auf einem brachliegenden
       Grundstück unmittelbar bei der Keupstraße ein Mann entgegengekommen, der
       ein nagelneues Fahrrad geschoben habe. Das sei ihr „sehr aufgefallen, weil
       er das Fahrrad so behutsam geschoben hat“ – fast so, als trage er es.
       
       Außerdem habe sie auf dem Gepäckträger eine auffallend große Kofferbox
       gesehen, die eher zu einem Motorrad gepasst habe. Genau so sah das Fahrrad
       aus, auf dem der Sprengsatz montiert war. Der Mann sei schlank und
       sportlich gewesen, sagte die 63-Jährige. Er habe eine Radlerhose und ein
       T-Shirt getragen. Sie habe für einen Moment auch sein Gesicht gesehen.
       
       ## „Heftige emotionale Reaktion“
       
       Als nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 Bilder von Uwe Böhnhardt
       und Uwe Mundlos im Fernsehen gezeigt worden seien, habe das Foto von
       Böhnhardt bei ihr eine „wirklich heftige emotionale Reaktion“
       hervorgerufen. Bereits unmittelbar nach dem Anschlag habe sie der Polizei
       gesagt, es habe sich nicht um einen Türken oder Kurden gehandelt, sondern
       eher um einen Osteuropäer.
       
       Der Feuerwehrmann, der sich damals privat in der Nähe der Keupstraße
       aufhielt, sagte im Zeugenstand, er habe unmittelbar nach der Explosion
       einen Mann auf einem Fahrrad fliehen sehen. Er selber sei gerade mit seinem
       Motorrad losgefahren, als der Radfahrer „wie von der Tarantel gestochen“
       aus der Keupstraße gehetzt sei. Er habe ausweichen müssen, um einen
       Zusammenstoß zu vermeiden.
       
       ## „Das war ein Deutscher, eindeutig“
       
       Am Abend sei er von der Polizei vernommen worden. Er habe sich gewundert,
       dass die Beamten ihn gedrängt hätten, in dem Radfahrer einen Ausländer zu
       sehen. „Das war ein Deutscher, eindeutig“, sagte er vor Gericht.
       
       Wenige Tage später habe er den Mann auf Zeitungsfotos wiedererkannt, die
       von einem Überwachungsvideo stammten. Er habe erwartet, dass die Polizei
       ihn dazu noch einmal befragt, dann habe er aber nie wieder etwas von den
       Ermittlern gehört. Auf den Videos, die vom Gebäude des Fernsehsenders
       „Viva“ aufgezeichnet wurden, ist mutmaßlich Mundlos zu sehen, der das
       Fahrrad vor der Explosion abgestellt haben soll.
       
       Das Gericht vernahm am Dienstag auch wieder mehrere Geschäftsleute und
       Anwohner der Keupstraße. Sie klagten übereinstimmend, die Polizei habe sie
       verdächtigt, in ausländische Mafiastrukturen verstrickt zu sein. Die
       Vernehmungen zum Keupstraßen-Anschlag sollen am Mittwoch fortgesetzt
       werden.
       
       27 Jan 2015
       
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