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       # taz.de -- Kommentar Geschichtsstreit im Kosovo: Opfer zu Tätern gemacht
       
       > Selbst der Genozid in Srebrenica wird von Serben immer wieder
       > angezweifelt. Das macht den interethnischen Dialog im Konsovo zunichte.
       
   IMG Bild: Samstag in Pristina: Demonstranten fordern den Rücktritt von Aleksandar Jablanovic, dem Vertreter der serbischen Minderheit.
       
       Die Hinterbliebenen der während der Zeit des serbischen Terrors in der
       westkosovarischen Stadt Gjakova ermordeten Menschen als „Bestien“ zu
       bezeichnen, ist ein starkes Stück. Zumal Aleksandar Jablanovic als Mitglied
       der serbischen Minderheit Minister in der Regierung Kosovos ist. Die
       Leugnung des Terrors von 1998/99 hat jetzt die Fortschritte bei den
       interethnischen Beziehungen im Kosovo zunichtegemacht.
       
       Sie wirft aber vor allem ein Schlaglicht auf das Bewusstsein vieler Serben
       gegenüber den im serbischen Namen begangenen Verbrechen während der Zeit
       der Jugoslawien-Kriege der 90er Jahre. Die Menschenrechtlerin Sonja Biserko
       und andere serbische Intellektuelle beklagen seit Jahren die Unwilligkeit
       der serbischen Öffentlichkeit, sich den Schatten der Vergangenheit zu
       stellen.
       
       Sie kritisieren zu Recht die Verschleierungstaktik der herrschenden
       Politiker und der Medien, für die vor allem Serben Opfer der Kriege von
       damals waren. Weder wird die serbische Kriegsschuld in Kroatien oder
       Bosnien noch gar im Kosovo zugegeben.
       
       Selbst so offenkundige Verbrechen wie der Genozid in Srebrenica werden
       immer wieder angezweifelt. Der Aufbau von Konzentrationslagern zu Beginn
       des Krieges in Bosnien und Herzegowina wird gänzlich geleugnet oder als
       Hirngespinst ausländischer Journalisten dargestellt. Abstruse Theorien über
       die geschichtliche Entwicklung sollen der breiten Öffentlichkeit Serbiens
       suggerieren, dass die Schuld nur die anderen haben.
       
       Die Spitze der Perfidie ist jedoch, aus den Opfern Täter zu machen. So
       mutieren Überlebende der serbischen KZs in Bosnien plötzlich zu
       „Terroristen“. Minister Jablanovics „Bestien“ für die Mütter von Gjakova
       passen da in das allgemeine Bild, auch sein Satz, er wisse nichts über den
       serbischen Terror im Kosovo.
       
       27 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
       ## TAGS
       
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