# taz.de -- Pressestimmen zur Griechenland-Wahl: „Bruch mit der etablierten Ordnung“
> Einige Kommentatoren begrüßen den Machtwechsel – andere sehen schwarz für
> ganz Europa. Der Syriza-Sieg in Athen ist Topthema der meisten
> europäischen Zeitungen.
IMG Bild: Knorkes Symbolbild: Geht die Akropolis jetzt unter? Oder erstrahlt sie in neuem Glanz?
BERLIN dpa/taz | In allen europäischen Ländern sind die Medien voll von
Kommentaren zum klaren Wahlsieg der linken Partei Syriza in Griechenland.
In der Neuen Zürcher Zeitung hält man sich mit Polemik zurück, dennoch
heisst es: „Der Wahltriumph des Linksbündnisses hat auch politisch eine
europäische Dimension. Er wird in den südeuropäischen Ländern jene
Protestparteien beflügeln, welche die Sparpolitik bekämpfen. (Parteichef
Alexis) Tsipras will nicht nur Griechenland retten, sondern den ganzen
Kontinent verändern. Ihm schwebt ein Europa ohne Austerität vor.“
Die konservative Pariser Zeitung Le Figaro wirft Syriza mit
rechtsextremistischen Parteien aus anderen EU-Staaten in einen Topf und
kommentiert: „Wenn diese Wahl gegen das 'Establishment' in Griechenland
ausreicht, damit Frankreich, Deutschland und andere die Schulden
Griechenlands an seiner Stelle zurückzahlen, würde dies den übrigen
Euroskeptikern von Podemos in Spanien über Ukip in Großbritannien bis hin
zu Marine Le Pen in Frankreich Tür und Tor öffnen. Sollte hingegen jetzt
Griechenland aus der Eurozone und der EU austreten, dann wird man damit
leben müssen.“
Anders als der Kommentator von Le Figaro, begrüßt die französische
Regionalzeitung Dernières Nouvelles d'Alsace aus Straßburg den politischen
Wechseln in Athen: „Der haushohe Sieg von Syriza bedeutet einen Bruch mit
der etablierten Ordnung und ein Todesurteil für einige alte erstarrte
Parteien. Er bringt einen frischen Windstoß für einen Kontinent, der neuen
Atem schöpfen und sich neu erfinden muss.“
In ein ähnliches Horn bläst die rechtsliberale italienische Tageszeitung
Corriere della Sera schreibt: „In Griechenland hat die Hoffnung gewonnen.
Oder besser, die Hoffnung hat die Angst geschwächt und sie sogar fast
zerstört. Nach fünf Jahren der Austerität, drakonischer Maßnahmen, Opfern
und einer hohen Arbeitslosigkeit hat sich das Volk für einen Wandel
entschieden. Nicht mehr bedingungslos zu akzeptieren, was von den
Kreditgebern verlangt wird und die europäische Front offen herauszufordern.
Sicherlich ist Griechenland damit nicht alleine, es gibt andere Länder in
der EU, in denen laut ein Kurswechsel gefordert wird.“
## „Die Griechen machen einen undankbaren Eindruck“
Und wie lautet die Meinung in genau diesen Staaten? Die linksliberale
Zeitung El País schreibt zum Beispiel: „Griechenland bleibt ein Mitglied
der europäischen Familie, auch wenn die neue Führung keinem der etablierten
Lager der Konservativen und der Sozialdemokraten angehört. (...) Die neue
Regierung muss aber die internationalen Verpflichtungen einhalten. Sie darf
den Steuerzahlern in den anderen EU-Ländern keinen Schaden zufügen und
keine Angriffe auf die Stabilität der EU unternehmen.“
Wenig Verständnis für das Votum der griechischen Wähler bringt die
konservative Zeitung Lidove noviny aus Prag auf: „Die Griechen machen einen
undankbaren Eindruck. Der Wahltriumph der extrem linken Syriza bedeutet
nichts anderes, als dass sie die Fürsprachen aus Brüssel und die
Anstrengungen ihrer eigenen Regierung nicht zu schätzen wussten. Der
europäische Rat, 'richtig zu wählen', konnte kaum bedeuten, denjenigen den
Rücken zu zeigen, die hartnäckig versuchen, Griechenland über Wasser und in
der Eurozone zu halten. Es ist paradox, dass die Regierung abgestraft
wurde, als die Wirtschaft wieder anfing zu wachsen. Es ist ein warnender
Fingerzeig: Extremisten könnten auch andernorts in Europa Erfolg haben.“
Die linksliberale polnische Zeitung Gazeta Wyborcza sieht das dagegen viel
gelassener: „Brachte die Perspektive eines Sieges der linksgerichteten
Syriza 2012 die Eurozone noch an den Rand einer Panik, ist es nun ruhiger.
In der EU überwiegt die Meinung, dass die Beziehungen zu Griechenland der
Fahrt auf einer holprigen Straße ähneln, aber es zu keinem Erdbeben kommt.
Beide Seiten sind sich ihrer Interessen bewusst. Sowohl öffentliche
Erklärungen von Syriza-Chef Alexis Tsipras als auch seine bisherigen
vertraulichen Kontakte mit Abgesandten der Eurozone geben Brüssel Hoffnung,
dass es gelingt, mit ihm auszukommen.“
In den Niederlanden, eines der EU-Mitglieder, die von Griechenland in der
Vergangenheit am vehementesten Reformen und Einsparungen eingefordert
hatten, kommentiert die Zeitung De Telegraaf: "Was nun? Griechenland und
Europa bekommen unvermeidlich Streit. Absprachen sind einzuhalten, wird
Europa sagen. Die Demokratie hat gesprochen, werden die Sieger der
griechischen Wahlen antworten. Und während nun wochenlang, vielleicht
monatelang gestritten wird, kann es mit Griechenland furchtbar
schiefgehen.“
26 Jan 2015
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