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       # taz.de -- Parlamentswahl in Griechenland: Absolute Mehrheit knapp verfehlt
       
       > Einen klaren Sieg haben die Linken in Griechenland zwar errungen – doch
       > für die absolute Mehrheit reicht es nicht. Nun suchen sie nach einem
       > Koalitionspartner.
       
   IMG Bild: Freude bei den Syriza-Anhängern nach der Wahl.
       
       ATHEN ap | In Griechenland hat das linke Oppositionsbündnis Syriza bei der
       Parlamentswahleinen einen historischen Sieg eingefahren. Allerdings
       verfehlte es mit 149 von 300 Sitzen im Parlament knapp die absolute
       Mehrheit. Syriza-Chef Alexis Tsipras drängt nun auf eine rasche
       Regierungsbildung. Noch am Montag wolle er mit den rechtspopulistischen
       Unabhängigen Griechen eine mögliche Zusammenarbeit ausloten, sagte ein
       Vertreter der Linkspartei. Schon am Abend könnte Tsipras dann als neuer
       Ministerpräsident vereidigt werden.
       
       In den Wahlkampf war Syriza-Chef Tsipras mit dem Versprechen gezogen, das
       240 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für sein Land neu aushandeln zu
       wollen. Die dafür nötigen schmerzhaften Reformen will er abfedern, zudem
       pocht er auf einen Schuldenschnitt. Tsipras' Agenda stieß bei den
       Griechinnen und Griechen auf Zuspruch, von denen viele in den letzten
       Jahren im Schnitt Einkommenseinbußen von mindestens 30 Prozent hinnehmen
       mussten. Nach Auszählung von 97,6 Prozent der Wahllokale kam Syriza auf
       36,4 Prozent der Stimmen, die konservative Regierungspartei Neo Dimokratia
       auf 27,8 Prozent.
       
       Der scheidende Ministerpräsident Antonis Samaras räumte seine Niederlage
       ein. Er übergebe nun ein Land, das die schlimmsten Phase der Finanzkrise
       hinter sich gebracht habe, sagte er. Er habe die Grundlagen für
       wirtschaftliches Wachstum und ein Ende der Krise geschaffen.
       
       ## „Geschichte geschrieben“
       
       Tsipras ließ sich in einer Konferenzhalle im Zentrum Athens von seinen
       Anhängern feiern. „Heute haben die Griechen Geschichte geschrieben.
       Hoffnung hat Geschichte geschrieben“, sagte er. Das Land lasse fünf Jahre
       der Erniedrigung und des Leids hinter sich. Die „zerstörerische Austerität,
       Furcht und Autokratie“ gehöre der Vergangenheit an, ebenso die regelmäßigen
       Inspektionen der internationalen Gläubiger. Zugleich signalisierte Tsipras
       aber seine Verhandlungsbereitschaft. Die neue griechische Regierung werde
       ein faires und sowohl für Athen als auch für die internationalen Geldgeber
       vorteilhaftes Abkommen aushandeln.
       
       Für eine linke Partei in Griechenland ist das Wahlergebnis ein
       historischer, noch nie dagewesener Erfolg. Der 40-jährige Tsipras wäre
       zudem der jüngste Regierungschef des Landes seit 150 Jahren. Angesichts der
       verpassten absoluten Mehrheit fasst er nun laut einem Syriza-Vertreter eine
       Zusammenarbeit mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen ins Auge.
       Diese holten 13 Parlamentssitze. Den Unabhängigen Griechen schwebt zwar wie
       Syriza eine radikale Abkehr vom strikten Sparkurses vor, doch bei praktisch
       allen anderen Themen liegen die beiden Parteien überkreuz.
       
       Griechenlands Gläubiger pochen aber weiter darauf, dass das Land sich für
       weitere Finanzhilfen an die Vereinbarungen halten müsse. Zwar gebe es in
       diesem Punkt einigen Spielraum, doch nicht viel, warnte der belgische
       Finanzminister Johan Van Overtveldt. „Wir können über Modalitäten reden,
       über Schuldenumstrukturierung, aber der Eckpfeiler, dass Griechenland die
       Regeln der Währungsunion respektieren muss, muss so bleiben wie er ist“,
       stellte er im Gespräch mit dem Sender VRT klar.
       
       Für den britischen Premierministers David Cameron ist der Wahlsieg der
       Linkspartei Syriza eine Gefahr für die europäische Wirtschaft. „Die
       griechische Wahl wird die ökonomische Unsicherheit in Europa vergrößern“,
       schrieb Cameron in der Nacht zum Montag auf Twitter.
       
       Die politische Wende in Athen machte sich an den Finanzmärkten im übrigen
       unterschiedlich bemerkbar: Der derzeit schon angeschlagene Euro fiel nur
       leicht um 0,3 Prozent und notierte bei 1,117 Dollar. In Asien gaben die
       Börsen dagegen deutlich nach. Aus Brüssel und Deutschland kamen warnende
       Stimmen, die Griechenland zur Wahrung seiner im Gegenzug für Finanzhilfen
       vereinbarten Verpflichtungen mahnten.
       
       ## Ratschläge aus Deutschland
       
       Politiker aus der Union und SPD fordern die künftige griechische Regierung
       auf, die mit den internationalen Geldgebern geschlossenen Vereinbarungen
       einzuhalten. „Die Griechen müssen jetzt die Konsequenzen selber tragen und
       können sie nicht dem deutschen Steuerzahler aufbürden“, sagte
       Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) der Bild-Zeitung.
       
       SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte in der Rheinischen Post Syriza
       zu neuen Reformen und zur Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft
       auf. Linkspartei-Chefin Katja Kipping wertete den Wahlausgang in der
       Bild-Zeitung als „klare Absage an das Kürzungsdiktat, das eine soziale
       Katastrophe und volkswirtschaftlich unverantwortlich ist“.
       
       Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte der ARD, er hoffe, dass die neue
       griechische Regierung keine Versprechen mache, die sie nicht halten und die
       sich das Land nicht leisten könne.
       
       26 Jan 2015
       
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