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       # taz.de -- Kommentar Weltwirtschaftsforum Davos: Die Welt war nicht vertreten
       
       > Niemand hat in Davos für arme Menschen weltweit gesprochen. Selbst
       > Vertreter der Zivilgesellschaft konnten den Mangel nicht wettmachen.
       
   IMG Bild: Wer sprach für ihn? Arbeiter in Indien.
       
       Das Weltwirtschaftsforum in Davos wird nicht unwichtiger, wie es seine
       Kritiker gern behaupten. In diesem Jahr waren mehr Staats- und
       Regierungschefs da als 2014 – es waren mehr als 40. Erstaunlich für eine
       private Veranstaltung, die nur einen Diskussionsrahmen bieten will, um „die
       Welt besser zu machen“. Organisator Klaus Schwab war so von seinem Erfolg
       überzeugt, dass er den Kongress einen „wirklichen Spiegel der
       Weltgesellschaft“ nannte. Da ließ er sich jedoch von seiner eigenen
       Begeisterung fortreißen, denn so stimmt das Bild wirklich nicht.
       
       Amerikaner und Engländer haben traditionell ein starkes Übergewicht in
       Davos, wobei die Chinesen aufholen. Frauen werden speziell eingeladen,
       damit überhaupt welche da sind. Fast gar keine Stimme beim
       Weltwirtschaftsforum haben die Milliarden Menschen, die arm sind oder
       gerade so leidlich über die Runden kommen. Die Mehrheit der
       Weltgesellschaft ist in Davos also nicht vertreten.
       
       Diesen Mangel können die wenigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die
       das Forum kooptiert, nicht wettmachen. Zwar hat sich die Veranstaltung
       geöffnet. Kritiker der herrschenden Politik werden immerhin eingeladen –
       allen voran in diesem Jahr die aus Uganda stammende Oxfam-Geschäftsführerin
       Winnie Byanyima. Die Anliegen, die solche Leute vertreten, werden beim WEF
       allerdings nicht hegemonial. Sie sind Zierde, Beiwerk, allenfalls ein
       interessanter Gedanke oder moralischer Appell. Denn die Hauptrichtung der
       Diskussionen bestimmen die Unternehmer, Banker, Konzernchefs, Investoren
       und Ökonomen, für die das Forum ursprünglich gemacht wurde.
       
       In Davos gibt es für jedes Problem der Welt eine Lösung, mit der man Geld
       verdienen kann. Andere Regelungsmechanismen als der Markt werden häufig
       nicht ernst genommen.
       
       Mittlerweile will das Forum den Schritt tun vom Reden zum Handeln. Man
       bietet sich der Politik als Helfer an, beispielsweise beim Klimaschutz oder
       der Renovierung der globalen Internet-Infrastruktur. Wegen der Schlagseite
       zur Wirtschaft könnte das jedoch auf eine gefährliche Privatisierung von
       Politik hinauslaufen. Diskutieren und beraten – bitte schön. Entscheiden
       und umsetzen sollten dann aber die demokratisch gewählten Regierungen, von
       denen man verlangen kann, dass sie sich von Wirtschaftsinteressen
       abgrenzen.
       
       25 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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