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       # taz.de -- Wahlkampf in Griechenland: Gute Karten für Tsipras
       
       > Ein Linksruck bei der Parlamentswahl in Griechenland wird immer
       > wahrscheinlicher. Aber um den dritten Platz wird noch hart gekämpft.
       
   IMG Bild: Alexis Tsipras feiert sich schon vor der Wahl.
       
       ATHEN taz | In letzten Umfragen konnte die Linksopposition ihren Vorsprung
       auf die konservative Regierungspartei von Ministerpräsident Antonis Samaras
       deutlich ausbauen: Laut einer am 21. Januar veröffentlichten Erfassung käme
       die Linkspartei Syriza auf 32,1 Prozent der Stimmen, während die
       Konservativen bei 27,1 Prozent stagnieren und kleinere Parteien an Boden
       verlieren. Unter Journalisten wird spekuliert, Syriza käme nahe an eine
       absolute Mehrheit im Parlament, sollte sich dieser Trend fortsetzen.
       
       Selbst bei einem geringen Vorsprung würde Syriza im Fall eines Wahlsiegs
       von einem Trick profitieren, den sich 2004 die damals regierenden
       Sozialisten ausgedacht haben – ausgerechnet um den Aufstieg von Syriza und
       anderen, aus ihrer Sicht radikalen Kräften zu verhindern: Laut geltendem
       Wahlrecht bekommt der Wahlsieger einen Bonus von 50 Sitzen im 300-köpfigen
       Athener Parlament, während die übrigen 250 Sitze prozentual verteilt
       werden.
       
       Vom Wahlbonus profitierte auch Premier Samaras bei der Parlamentswahl 2012
       – unter schärfster Kritik der Linkspartei wohlgemerkt – und war damals
       trotzdem auf Koalitionspartner angewiesen. Auch die Linkspartei würde im
       Fall eines Wahlsiegs nicht umhinkommen, willige Koalitionspartner zu
       suchen, glauben viele Kommentatoren.
       
       Im Wahlkampf wird derzeit ein erbitterter Kampf um Platz drei und somit
       auch um die Rolle des Königsmachers geführt. Die neu gegründete
       sozialdemokratische Partei To Potami (Der Fluss), die sozialistische Pasok,
       die orthodoxen Kommunisten (KKE) und nicht zuletzt die rechtsradikale
       Goldene Morgenröte wetteifern miteinander um das Privileg, sich als Partner
       anbieten zu können. Zudem bekommt der Drittplatzierte bei
       Sondierungsgesprächen laut Wahlrecht einen ganz besonderen Bonus: Sollte
       weder der Wahlsieger noch die zweitstärkste Partei eine Koalition zustande
       bringen, würde der Auftrag an die drittstärkste politische Kraft
       weitergegeben.
       
       ## Angst vor Rechtsradikalen
       
       Das Albtraumszenario lautet also: Die Rechtsradikalen landen auf Platz drei
       und ihr Chef Nikolaos Michaloliakos, derzeit in U-Haft, würde mit
       Polizeieskorte zum Präsidentenpalast geführt, wo er den Auftrag zur Bildung
       einer neuen Regierung bekäme. Davor warnt nicht zuletzt Staatspräsident
       Karolos Papoulias in seiner gewohnt dezenten Art. Nach der Wahl müsse man
       sich eventuell mit verfassungsrechtlichen „und mit anderen“ Fragen
       auseinandersetzen, ließ das Staatsoberhaupt neulich verlauten.
       
       Auch aus diesem Grund spielt Sozialistenchef Evangelos Venizelos in den
       letzten Tagen geschickt die „Stabilitätskarte“ aus: Wählt die Pasok-Partei,
       damit eine europafreundliche Kraft ihren nüchternen Sachverstand auch in
       die neue Koalition mitbringt, mahnt der Exfinanzminister, in dessen
       Amtszeit auch der Schuldenschnitt für die Privatgläubiger Griechenlands
       fiel. Die Botschaft könnte genug Wähler mobilisieren, damit die Sozialisten
       doch noch den Sprung ins Parlament schaffen.
       
       Weit abgeschlagen hingegen erscheint der ehemalige Sozialistenchef Giorgos
       Papandreou, Sohn und Enkel ehemaliger Ministerpräsidenten, mit seiner neu
       gegründeten sozialistischen Bewegung. Ansonsten sind die mächtigen
       Familienclans in der griechischen Politik freilich nicht wegzukriegen. Um
       nur einige Beispiele zu nennen: Kostas Karamanlis, ein Neffe des ehemaligen
       Regierungschefs, kandidiert in Nordgriechenland. Nassos Alevras erhofft
       sich einen Parlamentssitz in Athen. Evi Tatouli, Tochter des konservativen
       Gouverneurs von Peloponnes, kandidiert in der Region Arkadien, ebenfalls
       auf der Peloponnes.
       
       25 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimtriou
       
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