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       # taz.de -- Proteste im Kongo: Steine, Tränengas, Schüsse
       
       > Wegen einer Wahlrechtsreform kommt es zu Unruhen. Kongos Parlament
       > vertagt die Entscheidung und verlängert die Krise.
       
   IMG Bild: Eine Straße in Goma.
       
       GOMA/BERLIN taz | Schüsse sind zu hören. Rund um die Universität versammeln
       sich protestierende Studenten, Motorradfahrer, junge Männer. Die Polizei
       kommt angebraust. Sie feuert Tränengas. Doch die Menge lässt sich nicht
       vertreiben. Erst als die gefürchtete Präsidentengarde anmarschiert und in
       die Luft schießt, rennen die Demonstranten davon.
       
       Dann formieren sie sich neu, in einem anderen Stadtviertel der
       ostkongolesischen Millionenstadt Goma. Ndosho liegt am Stadtrand, es ist
       ein Armenviertel ohne fließendes Wasser und Stromversorgung. Die Einwohner
       sind grundlegend frustriert über die Regierung. Junge Männer werfen Steine
       auf die Polizisten, bis sie davonlaufen. Dann zünden sie die Polizeistation
       an.
       
       Als ein Konvoi südafrikanischer UN-Blauhelme die Straße entlangfährt,
       werden sie mit Steinen beworfen. Sie schießen zurück. Zwei Menschen sterben
       im Kugelhagel. Drei weitere Tote werden später ins Zentralkrankenhaus
       eingeliefert, sowie über ein Dutzend Schwerverletzte.
       
       Als sich die Lage am Donnerstagnachmittag beruhigt, sieht Goma aus wie ein
       Schlachtfeld: Verbrannte Reifen färben die Straßen schwarz, der kleine
       Markt im Stadtviertel Virunga ist halb abgebrannt. Überall liegen große
       kantige Lavasteine auf den Straßen – Überreste von Straßensperren. Die
       Menschen haben sich in ihren Häusern verkrochen. Es riecht nach verkohltem
       Gummi und Tränengas.
       
       ## Mobilisierung ungebrochen
       
       Auch in anderen Städten im Kongo bleibt die Mobilisierung gegen eine
       umstrittene Wahlrechtsreform ungebrochen. Im ostkongolesischen Bukavu wird
       ein Aufruf zum Generalstreik weitgehend befolgt.
       
       Im Mama-Yemo-Krankenhaus von Kongos Hauptstadt Kinshasa soll die
       Präsidialgarde Oppositionelle bis in das Gebäude hinein verfolgt und in
       Krankenzimmern das Feuer eröffnet haben. Die Menschenrechtsorganisation
       Human Rights Watch warf Sicherheitskräften vor, auf unbewaffnete
       Demonstranten zu schießen. Oppositionelle sprachen am Donnerstagfrüh von
       bislang 138 Toten und über 1.000 Verletzten – Angaben, die sich nicht
       verifizieren lassen.
       
       Diplomaten haben Kongos Regierung aufgefordert, den umstrittenen
       Gesetzentwurf zurückzunehmen, der eine Volkszählung vor den nächsten Wahlen
       2016 vorsieht und damit eine Wahlverzögerung um Jahre ermöglicht. Die
       Gesetzesänderung liegt seit Dienstag im Senat, dem Oberhaus des
       kongolesischen Parlaments.
       
       Zur Eröffnung der entscheidenden Sitzung am Donnerstagnachmittag verkündete
       Senatspräsident Léon Kengo eine Vertagung.
       
       Kongos Senat kommt nun am Freitag ab 9 Uhr erneut zusammen. Auch
       Sicherheitskräfte und Demonstranten dürften dann pünktlich zur Stelle sein.
       
       22 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
   DIR Simone Schlindwein
       
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