# taz.de -- Aldi nimmt Produkt zurück: Hagia Sophia – die seifige Plastik
> Ein genialer Kunstgriff von Aldi Süd: Er bringt Islamfeinde dazu, sich
> für orientalische Ästhetik in deutschen Discountern einzusetzen.
IMG Bild: Darf man ein Gotteshaus als Designelement verwenden? Hagia Sophia in Istanbul.
Die Hagia Sophia, bis 1453 christliche Kathedrale (unter der Herrschaft der
Byzantiner), dann bis 1934 Moschee (unter der Herrschaft der Osmanen),
heute Museum und gern verwendetes Standardmotiv für alles Orientalische
(unter der Herrschaft findiger Produktdesigner von Aldi-Süd). Bei der
Gestaltung des Spenders der Creme-Seife „Ombia – 1001 Nacht“ bedienten sich
Letztere am symbolträchtigen Kuppelbau, wohl um den Konsumenten auf
subversiv-sinnliche Art auf die Gegenwärtigkeit der historischen
Gemengelage Christentum-Islam-Säkularisierung hinzuweisen.
Kurt Tucholskys Leitgedanke „Was dürfen Seifenspendergestalter? Alles!“
stellen aber heutzutage viele infrage, eine Muslima fühlte sich durch die
Verwendung eines „Gotteshauses“ als Designelement beleidigt.
Gefundenes Fressen für die Provokationskünstler von Aldi, die den nächsten
Schritt ihrer multimedialen Performance einleiteten: Mit einer
Facebook-Entschuldigung und der Rücknahme des Produkts lösten sie ihre
Kunst vom materiell fassbaren Artefakt und erweiterten sie auf die Sphäre
der sozialen Medienplastik.
Schnell fand die Entschuldigung Resonanz in den Salons der abendländischen
Dresdner Schule: Die Seife sei sofort wieder einzuführen, inklusive
Hagia-Sophia-Design, wider die Meinungsdiktatur des Islams! Der wahrlich
geniale Kunstgriff von Aldi-Süd: Islamfeinde dazu zu bringen, sich für
orientalische Ästhetik in deutschen Discountern einzusetzen.
20 Jan 2015
## AUTOREN
DIR Quentin Lichtblau
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