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       # taz.de -- Kommentar Flüchtlinge in Schwerte: So geht Geschichtsklitterung
       
       > Flüchtlinge in früherer KZ-Außenstelle: Die Weigerung der Stadt Schwerte,
       > die Entscheidung zu überdenken, ist borniert und geschichtsvergessen.
       
   IMG Bild: Mahnmal für die Opfer des KZ-Außenlagers in Schwerte.
       
       Eine Stadt zeigt sich uneinsichtig. Es ist schon abenteuerlich, wie
       resistent sich die politischen Verantwortlichen in Schwerte gegenüber der
       Kritik zeigen, dass eine ehemalige Außenstelle des Konzentrationslagers
       Buchenwald kein angemessener Ort zur Unterbringung von Flüchtlingen ist.
       Die Not der Kommunen ist groß, Flüchtlinge vernünftig unterzubringen.
       Trotzdem nimmt es einen den Atem, dass an einem solchen Ort Flüchtlinge
       untergebracht werden sollen.
       
       Es mag Unbedarftheit gewesen sein, die die Stadt zu dieser Entscheidung
       gebracht hat: Was könnte das für ein Problem darstellen, wo in dem
       anvisierten Gebäude doch schon ein Waldorfkindergarten, Künstler und andere
       Nutzer untergebracht waren?
       
       Nachdem sie auf das Problem hingewiesen wurde, hätten die Stadtoberen
       zurückrudern und ihren Fehler korrigieren können. Aber stattdessen reiten
       sie Attacke gegen ihre Kritiker. Das ist erbärmlich. Und noch erbärmlicher
       ist es, dass – bis auf die Linkspartei – alle im Stadtrat vertretenen
       Fraktionen mitmachen, von der CDU über SPD und FDP bis zu den Grünen.
       
       Die bornierte und ignorante Haltung, mit der die Stadt auf die Kritik von
       Flüchtlingsinitiativen, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und
       von jüdischen Gemeinden reagiert, ist mindestens so empörend wie die
       ursprüngliche Entscheidung – und der eigentliche Skandal in dieser
       Angelegenheit. Die politisch Verantwortlichen loben sich selbst, wo
       Selbstkritik angebracht wäre.
       
       Bei seinem Auftritt am Freitag vor der Presse vermied Bürgermeister
       Heinrich Böckelühr geflissentlich, überhaupt von einer KZ-Außenstelle zu
       sprechen. Stattdessen wählte er lieber den Begriff
       „Eisenbahnausbesserungswerk“ – für das waren die Häftlinge tätig. So geht
       Geschichtsklitterung.
       
       Trotzdem behaupten der Bürgermeister und die ihn unterstützenden
       Ratsparteien in ihrer gemeinsamen Erklärung, Schwerte habe wie kaum eine
       andere Stadt historische Aufklärung betrieben. Die Botschaft ist: Wir haben
       unsere Pflicht in Sachen Vergangenheitsaufarbeitung getan, und nun muss
       wirklich mal Schluss damit sein. Aber: Ein Tatort nationalsozialistischer
       Verbrechen bleibt ein Tatort – auch 70 Jahre nach der Befreiung vom
       Faschismus. Und damit ist er kein geeigneter Ort zur Unterbringung von
       Flüchtlingen.
       
       16 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
       ## TAGS
       
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