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       # taz.de -- Kolumne Fernsehen: „Hinterher ist man halt schlauer“
       
       > Die „Tagesschau“ wird in letzter Zeit ordentlich in die Mangel genommen.
       > Ja, sie soll sich wehren und streiten. Aber nicht so.
       
   IMG Bild: Damals war die Welt der „Tagesschau“ noch in Ordnung.
       
       Es gibt Mysterien im Fernsehen, die sich ganz einfach erklären lassen. Zum
       Beispiel alles, was bei „Galileo“ unter „mysteriös“ oder „geheimnisvoll“
       läuft. Oder warum Bully Herbig bei der letzten „Wetten, dass ..?“-Sendung
       dabei sein durfte. Schauen Sie mal auf [1][www.haribo-und-bully.de]. Die
       alte Haribo-„Wetten, dass ..?“-Connection hielt halt bis zum letzten
       Atemzug der Show.
       
       Es gibt aber auch Mysterien, die sich nicht so simpel erklären lassen. Zum
       Beispiel: Was zum Henker ist bei der „Tagesschau“ los? Die Frage zielt
       nicht darauf ab, ob vermeintliche Fehler vermeidbar gewesen wären, oder ob
       man sich über die Darstellung von Ereignissen streiten kann – sondern auf
       die Reaktionen des ARD-aktuell-Chefs Kai Gniffke.
       
       Seinen Flaggschiffen „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ fliegt ja gerade
       einiges um die Ohren: die Ukraine-Berichterstattung, Putins Platzwahl beim
       Mittagessen und aktuell die Inszenierung der Staatschefs vor dem Pariser
       Gedenkmarsch. Immer wenn die Kritik allzu laut wird, schreibt Gniffke einen
       Eintrag im Tagesschaublog. Sein wiederkehrendes Argumentationsmuster:
       Eigentlich müsste man sich gar nicht mit der Kritik auseinandersetzen, aber
       ich lasse mich dann doch mal herab.
       
       Bei seiner Einlassung zur Kritik an der [2][Ukraine-Berichterstattung]
       liest sich das so: „Wir wollen es uns nicht zu einfach machen und alles als
       gesteuerte Kampagnen und Spielwiese für Verschwörungstheoretiker abtun
       (obwohl das zum Teil der Fall ist).“ Erst danach geht er auf die Kritik
       ein, ein bisschen. „Hinterher ist man halt schlauer.“
       
       Zwei Tage später räumt Gniffke dann doch ein, dass es ein [3][Fehler]
       gewesen sei, in den „Tagesthemen“ zwei Todesopfer den Separatisten
       zuzuschieben. Die waren’s wohl nicht. Tja. Hinterher ist man halt schlauer.
       
       ## Gniffkes Sarkasmus
       
       Auf die von [4][Stefan Niggemeier] infrage gestellte Wahl eines
       Videoausschnitts, der einen vermeintlich allein am Tisch sitzenden Putin
       beim G-20-Gipfel zeigt und von der „Tagesschau“ mit den Worten „Putin,
       einsam und verlassen“ betextet worden war, [5][spottet Gniffke]: „Wir sind
       und bleiben die heimlichen Unterstützer der Nato, die täuschen, fälschen
       und verdrehen.“
       
       Und nachdem unter anderem [6][die taz] bemängelte, dass die Inszenierung
       der Staatschefs als Anführer des Trauermarschs in Paris genau das war: eine
       Inszenierung – und dass die „Tagesschau“ dies leider nicht kenntlich
       gemacht hat, blafft Gniffke, dass das [7][„wilde Verschwörungstheorien“]
       seien: „Kompletter Unfug.“
       
       Niemand erwartet von der „Tagesschau“ Unfehlbarkeit. Niemand erwartet bei
       kurzen Beiträgen Vollständigkeit (was auch immer das bedeuten mag). Doch
       was man erwarten kann, ist eine Dekonstruktion von Inszenierungen und einen
       Chefredakteur, der sich bewusst ist, dass es nicht nur die Wahrheit der
       „Tagesschau“ gibt.
       
       Vor einer Woche jubelte die Chefredaktion von ARD-aktuell im
       Tagesschaublog: „Die große Mehrheit meint: Das Erste hat mit Abstand die
       [8][besten Nachrichten].“ 75 Prozent der Zuschauer würden dem Ersten die
       größte Nachrichtenkompetenz bescheinigten. „Ihr Votum freut uns, es steigt
       uns sicher nicht zu Kopf.“ Sicher? Ganz sicher?
       
       17 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.haribo-und-bully.de
   DIR [2] http://blog.tagesschau.de/2014/09/29/zwischenbilanz-der-ukraine-konflikt-in-der-tagesschau/
   DIR [3] http://blog.tagesschau.de/2014/10/01/noch-einmal-ukraine-berichterstattung/
   DIR [4] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/19865/super-symbolbilder-putin-einsam-und-verlassen/
   DIR [5] http://blog.tagesschau.de/2014/11/17/putin-einsam-oder-nicht-einsam/
   DIR [6] /!152788/
   DIR [7] http://blog.tagesschau.de/2015/01/13/die-verschwoerung-von-paris/
   DIR [8] http://blog.tagesschau.de/2015/01/08/danke-fuer-das-vertrauen/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
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