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       # taz.de -- Zwei Tote bei Anti-Terror-Einsatz: Anschlag in Belgien vereitelt
       
       > Bei einem Großeinsatz der belgischen Polizei wurden zwei mutmaßliche
       > Dschihadisten erschossen. Sie sollen einer rund zehnköpfigen Terrorzelle
       > angehört haben.
       
   IMG Bild: Der abgesperrte Tatort in Verviers
       
       BRÜSSEl dpa/rtr/afp | Die belgischen Behörden haben nach eigenen Angaben
       einen unmittelbar bevorstehenden Terroranschlag vereitelt. Bei einem
       Anti-Terror-Einsatz im östlichen Verviers wurden am Donnerstagabend zwei
       mutmaßliche Dschihadisten getötet und ein dritter Verdächtiger
       festgenommen. Die Polizeieinsätze dauerten in der Nacht an. Ein Sprecher
       von Regierungschef Charles Michel sagte nach einem Krisentreffen mit
       mehreren Ministern, wer „Terror verbreiten“ wolle, müsse bekämpft werden.
       
       Die Anti-Terror-Einsätze belegten die Entschlossenheit der Regierung, gegen
       die Gefährder vorzugehen. „Die Angst muss das Lager wechseln.“ Bisher sei
       keine direkte Verbindung zu den Terroranschlägen auf das Satiremagazin
       Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris erkennbar, sagte der
       Sprecher weiter.
       
       Der Großeinsatz sei das Ergebnis monatelanger Untersuchungen gewesen, fuhr
       Michels Sprecher Frédéric Cauderlier fort. Sie galten demnach jungen
       Rückkehrern aus Kampfgebieten, „vor allem aus Syrien“. Der
       Staatsanwaltschaft zufolge dauerten die Polizeieinsätze gegen 0.30 Uhr
       weiter an. Es wurde mit weiteren Festnahmen gerechnet.
       
       Der Zugriff in Verviers unweit der deutschen Grenze erfolgte gegen 18.00
       Uhr. Als die Spezialkräfte eintrafen, hätten die mutmaßlichen Dschihadisten
       „sofort“ das Feuer eröffnet, dabei hätten sie Sturmgewehre und andere
       schwere Waffen eingesetzt, sagte ein Sprecher der
       Generalstaatsanwaltschaft. Zwei Verdächtige seien getötet, ein dritter sei
       verletzt und festgenommen worden. Zivilisten und Polizisten seien nicht
       verwundet worden.
       
       ## Großer Anschlag geplant
       
       Die mutmaßlichen Syrien-Rückkehrer hätten einen „großen Anschlag“ auf die
       Sicherheitskräfte geplant, es habe „unmittelbare Gefahr“ bestanden, teilte
       die Staatsanwaltschaft mit. Razzien gab es auch in Brüssel und in den
       Vororten der Hauptstadt. Demnach gehörten rund zehn Menschen zu der
       Terrorzelle, die Anschläge geplant haben soll.
       
       In Belgien ist nach dem tödlichen Anti-Terror-Einsatz die Terrorwarnstufe
       angehoben worden. Sie wurde von Stufe zwei auf drei heraufgesetzt, den
       zweithöchsten Rang. „Wir sind uns keiner spezifischen oder konkreten
       Bedrohung bewusst“, sagte Michel in der Nacht zum Freitag. Allerdings sei
       eine größere Wachsamkeit und Vorsicht in dieser Situation nützlich.
       
       Die Regierung berät nun über schärfere Sicherheitsmaßnahmen. Bei der
       Kabinettssitzung am Freitag gehe es um die Frage, wie Terroranschläge
       verhindert werden könnten, meldete das belgische Radio RTBF. Dazu gehörten
       die Überwachung von Einrichtungen durch das Militär und Maßnahmen zum
       Schutz gegen rückkehrende Dschihad-Kämpfer aus Syrien oder dem Irak.
       
       Verantwortliche der jüdischen Gemeinde entschieden sich einem Medienbericht
       zufolge dazu, dass am Freitag jüdische Schulen und Antwerpen und Brüssel
       geschlossen bleiben sollen. Wie auf der Internetseite der Zeitung Joods
       Actueel zu lesen war, waren die Vertreter zuvor informiert worden, dass die
       Einrichtungen zu potenziellen Anschlagszielen gehörten. Im Mai vergangenen
       Jahres waren bei einem Anschlag im Jüdischen Museum in Brüssel vier
       Menschen getötet worden.
       
       ## Hochburg der Islamistenszene
       
       Ohnehin waren die belgischen Sicherheitsbehörden nach dem Attentat und der
       Geiselnahme in Paris mit insgesamt 17 Todesopfern besonders alarmiert. In
       Belgien gibt es eine wachsende Islamistenszene, Verviers gilt neben einigen
       Vororten Brüssels als eine Hochburg. Erst am Mittwoch hatte die
       Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) in einem Internetvideo mit einem
       Anschlag in Belgien gedroht, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete.
       
       Die Staatsanwalt teilte mit, dass ein Mann in Belgien festgenommen worden
       sei, der Waffen für Amedy Coulibaly, einen der Attentäter von Paris,
       besorgt haben soll. Coulibaly hatte in einem jüdischen Supermarkt vier
       Menschen erschossen und mehrere Geiseln genommen, bevor er von der Polizei
       getötet wurde.
       
       Derweil soll ein bewaffneter Mann am Donnerstag an einer Brüsseler
       U-Bahn-Haltestelle religiöse Parolen in Arabisch und Französisch skandiert
       haben. Der Mann sei flüchtig. Der Vorfall ereignete sich in der Station
       Ribaucourt im Stadtbezirk Molenbeek. Ob es einen Zusammenhang mit dem
       Anti-Terror-Einsatz in Verviers gibt, bleibt zunächst offen.
       
       ## Zunahme radikaler Aktivitäten
       
       In Belgien hat es eine signifikante Zunahme von Aktivitäten radikaler
       Islamisten gegeben. Nach Angaben der belgischen Behörden sind rund 100
       islamistische Kämpfer aus Syrien zurückgekehrt, 170 weitere kämpfen noch in
       Syrien und dem Irak, wo die radikalislamische Miliz Islamischer Staat aktiv
       ist.
       
       In Antwerpen stehen derzeit 46 Personen vor Gericht, die junge Männer für
       den Kampf von Islamisten im syrischen Bürgerkrieg angeworben haben sollen
       oder selbst dorthin reisen wollten. Der Prozess ist der bisher größte gegen
       mutmaßliche Islamisten in Belgien. Das Urteil sollte diese Woche gefällt
       werden, wurde jedoch um einen Monat verschoben.
       
       Im Mai vorigen Jahres hatte ein aus Frankreich stammender Attentäter zwei
       Israelis und eine Französin im Jüdischen Museum in Brüssel erschossen. Im
       September wurden die Sicherheitsvorkehrungen bei der EU-Kommission
       verschärft, nachdem einem Medienbericht zufolge Anschlagspläne auf deren
       Hauptgebäude in Brüssel aufgedeckt wurden.
       
       16 Jan 2015
       
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