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       # taz.de -- Satirezeitschrift in Frankreich: „Charlie Hebdo“ ausverkauft
       
       > Die neue Ausgabe ist in Frankreich in kürzester Zeit vergriffen. „Je suis
       > Charlie“, bekennt Mohammed auf dem Cover. Das Land verlängert seinen
       > Irak-Einsatz.
       
   IMG Bild: Auch in diesem Laden in Rennes wurde die Zeitschrift fleißig gekauft
       
       PARIS ap/dpa/rtr | Auf die Verkaufsstellen des französischen Satiremagazins
       Charlie Hebdo hat es am Mittwochmorgen einen riesigen Ansturm gegeben. An
       etlichen Pariser Zeitungskiosken war die erste Ausgabe des Blattes seit dem
       Attentat auf die Redaktion innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Viele
       Stammkunden hätten sich schon im Vorfeld Exemplare reserviert, berichteten
       Verkäufer.
       
       Auf dem Titelbild prangt abermals eine Karikatur des Propheten Mohammed,
       der ein Schild mit den Worten „Je suis Charlie“ hochhält. Schon vor der
       Veröffentlichung übte eine der bedeutendsten muslimischen Einrichtungen in
       Ägypten Kritik und warnte vor einer neuen Hasswelle. Auf extremistischen
       Webseiten wurden prompt Gewaltdrohungen ausgestoßen.
       
       Der Tag vor dem Erscheinen des Charlie Hebdo stand in Frankreich weiter im
       Zeichen der Trauer. Das Land nahm Abschied von den drei Polizisten, die bei
       der Terrorwelle im Großraum Paris vergangene Woche getötet worden waren.
       Präsident François Hollande verlieh den Opfern bei der Beerdigungszeremonie
       posthum die Medaille der Ehrenlegion. Die Regierung kündigte eine schärfere
       Sicherheitspolitik an.
       
       Insgesamt wurden bei den Anschlägen in der vergangenen Woche 17 Menschen
       ermordet – unter anderem zwölf beim Anschlag auf Charlie Hebdo und vier bei
       einer Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt. Die Polizei tötete
       anschließend die drei Angreifer: neben den Brüdern Chérif und Saïd Kouachi
       auch Amedy Coulibaly. Alle drei gaben an, Verbindungen zu islamischen
       Extremisten im Nahen Osten zu haben.
       
       ## Auflage von drei Millionen
       
       Seine neue Ausgabe vertreibt Charlie Hebdo mit einer Auflage von drei
       Millionen. Das ist mehr als 50 Mal so viel wie üblich. Die noch lebenden
       Macher des Satireblatts hielten am gewollt provokativen Ton des
       Satireblatts fest. Die ersten beiden Seiten der neuen Ausgabe zieren
       Karikaturen ihrer ermordeten Kollegen: Eine der Zeichnungen zeigt
       muslimische, christliche und jüdische Führer, die die Welt unter sich
       aufteilen.
       
       Über der Mohammed-Karikatur ist die Titelzeile mit den Worten „Tout es
       pardonné“ (Alles ist vergeben) zu lesen. Dies bedeute, dass die
       Journalisten den Extremisten die Attacke vergeben, erklärte die beteiligte
       Redakteurin Zineb El Rhazoui. Ihr Kollege Renald Luzier, der die Karikatur
       unter dem Pseudonym „Luz“ zeichnete, sagte bei einem emotionalen
       Presseauftritt über die Figur auf dem Cover erst, es handele „sich nur um
       einen kleinen Typen, der weint“. Dann fügte er hinzu: „Ja, es ist
       Mohammed.“
       
       Die muslimische Einrichtung Dar al-Ifta in Kairo bezeichnete die geplante
       Karikatur indes als „ungerechtfertigte Provokation“ für Millionen Muslime,
       die ihren Propheten respektieren und liebten. Kurz darauf registrierte die
       auf die Beobachtung von Terroraktivitäten spezialisierte US-Gruppe SITE auf
       einschlägigen Webseiten Aufrufe zu neuen Anschlägen auf Charlie Hebdo sowie
       anonyme Drohungen von Extremisten.
       
       Das französische Parlament hat knapp eine Woche nach dem Anschlag die
       Verlängerung des Militäreinsatzes im Irak gebilligt. Die Entscheidung der
       Nationalversammlung fiel am Dienstag mit 488 zu 1 Stimmen. Als einzige
       Partei enthielt sich die Linksfront. Sie erklärte zur Begründung, es habe
       nicht genügend politische und diplomatische Versuche gegeben, den Konflikt
       beizulegen.
       
       14 Jan 2015
       
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