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       # taz.de -- Neuorganisation der radikalen Linken: Alte Bekannte in neuem Gewand
       
       > Nach Auflösung der Antifaschistischen Linken Berlin sahen viele das Ende
       > der „Antifa“. Doch die Aktivisten machen weiter. Das sorgt für Unruhe.
       
   IMG Bild: Aus der Nische herauskommen ist der gemeinsame Plan. Die Wege sind unterschiedlich
       
       BERLIN taz | Kurz sah es so aus, als hätten die Aktivisten des Schwarzen
       Blocks die weißen Fahnen gehisst. Doch ein leuchtend rotes Transparent auf
       der [1][Liebknecht-Luxemburg-Demonstration] am vergangenen Sonntag verrät
       Gegenteiliges. Darauf fordert die neuste linksradikale Gruppe der Stadt,
       die Radikale Linke Berlin, eben dies: „Die radikale Linke aufbauen“.
       
       Die Gruppierung könnte die Lücke schließen, die nach [2][Auflösung der
       Antifaschistischen Linken Berlin (ALB)] im September entstanden war. Über
       Jahre hinweg war die ALB zentraler Akteur im Antifa-Spektrum, organisierte
       etwa die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration. Ein Teil der ehemaligen
       ALB-Mitglieder mischt in der neuen Gruppe mit; zusammen mit Ex-Aktivisten
       der Gruppe [3][Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB)], die
       jüngst ihren mehrheitlichen Beitritt zum trotzkistischen [4][Bündnis] Neue
       Antikapitalistische Organisation (Nao) verkündete.
       
       Der Berliner Verfassungsschutz spricht in einer [5][Analyse] von „alten
       Bekannten in neuem Gewand“, die „vor allem eines eint: Militanz“. In der
       Behörde geht man davon aus, dass die Gruppe aufgrund der Erfahrungen und
       Kontakte der beteiligten Aktivisten „quasi aus dem Stand heraus eine
       tragende Rolle einnehmen“ wird.
       
       Die Radikale Linke Berlin reagierte ihrerseits auf die Analyse der
       Verfassungsschützer. In einem Schreiben, das auf
       //radikale-linke.net/blog-posts/lieber-verfassungsschutz:ihrer Website
       veröffentlicht wurde, bedankte man sich für die „medienwirksame
       Vorstellung“ ihrer Gruppe. Der Analyse der Verfassungsschützer widersprach
       man hingegen: „Nein, es ist nicht die Militanz, die uns eint, uns eint die
       einfache Erkenntnis, dass die Verhältnisse, so wie sie sind, nicht gut
       sind.“
       
       Die bisherigen Aktivitäten der Gruppe, etwa ihre Teilnahme an der
       antifaschistischen Silvio-Meier-Demonstration, deuten darauf hin, dass die
       Aktivisten an den Themenschwerpunkten ihrer ehemaligen Gruppen festhalten.
       In ihrer [6][Auflösungserklärung] hatte die ALB dagegen einen klaren Bruch
       mit ihrer bisherigen Praxis eingefordert. So wurde etwa die Krise
       klassischer Antifa-Politik diagnostiziert. Angesichts des europaweiten
       Erfolges rechtspopulistischer Parteien wie der AfD und der Verbreitung
       rassistischer Ressentiments bis in die Mitte der Gesellschaft seien die
       alten Reaktionsmuster nicht mehr zeitgemäß, hieß es in dem Papier.
       Kritisiert wurde zudem die generelle Sprachlosigkeit der radikalen Linken.
       
       ## Organisiert intervenieren
       
       Aus dieser Analyse heraus hat sich der andere Teil der ehemaligen
       ALB-Mitglieder mittlerweile in die Interventionistische Linke (IL)
       eingebracht, deren mehr als 20 Gruppen bundesweit dabei sind, zu einer
       gemeinsamen Organisation zusammenwachsen. In Berlin verschmelzen vier
       bislang eigenständige Gruppen zu einer IL-Gruppe mit bis zu 200
       Mitgliedern. Kurz nach dem Ende der ALB hatte sich auch [7][Avanti als
       eigenständige Organisation in die IL aufgelöst], bei der Gruppe F.e.l.S.
       steht dieser Schritt unmittelbar bevor.
       
       Christoph Kleine, seit Gründung der IL im Jahr 2005 an vorderster Front
       dabei, erhofft sich durch den aktuellen Verschmelzungsprozess, die
       Linksradikalen wieder „handlungsfähig“ zu machen. „Wir denken Radikalität
       nicht im Widerspruch zu Bündnisoffenheit und Wirksamkeit”, sagt Kleine über
       die strategische Ausrichtung des Zusammenschlusses. Eine alleinige
       Fokussierung auf eine Identität als „Antifa” sei dafür eher hinderlich. Für
       Kleine geht es darum, „die Grenzen von Subkulturen zu überschreiten und
       sich nicht in politischen Nischen einzuigeln”. Vor diesem Hintergund war
       die Auflösung der ALB für ihn „keine Katastrophe, sondern klärender Teil
       eines neuen Aufbruchs”.
       
       Den befürchtet anscheinend auch der Berliner Verfassungsschutz, der auf
       Betreiben vom zuständigen Innensenator Frank Henkel (CDU) den Kampf gegen
       Linksradikale zum [8][Schwerpunkt] erklärt hat. Die Auflösung der vormals
       wichtigsten Berliner Antifa-Gruppe hat die Situation in ihren Augen
       verkompliziert. So spricht man von einer „Polarisierung innerhalb der
       Szene”, von „immer mehr und kleineren Cliquen” auf der einen und „immer
       größer werdenden und zunehmend überregional agierenden Organisationen” auf
       der anderen Seite.
       
       13 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
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   DIR [6] http://www.antifa.de/cms/content/view/2383/1/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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