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       # taz.de -- Kommentar Präsidentenwahl Kroatien: Feinsinn und Anstand ziehen nicht
       
       > Die Krise hat viele Unzufriedene dazu veranlasst, Kolinda
       > Grabar-Kitarovic zu wählen. Dabei hat die Konservative keine
       > konstruktiven Ideen.
       
   IMG Bild: Streicheleinheiten für den Gatten: Kolinda Grabar-Kitarovic und ihr Mann Jakov nach ihrem knappen Wahlsieg.
       
       Die 46-jährige Kolinda Grabar-Kitarovic war vor den [1][Wahlen] keineswegs
       populär, sie hat einen umständlichen Namen, war in Kroatien trotz ihrer
       zeitweiligen Tätigkeit als Außenministerin und Diplomatin bei der Nato kaum
       bekannt und steht für eine durch Korruptionsskandale geschüttelte
       erzkonservative Partei – die Kroatisch Demokratische Gemeinschaft HDZ.
       Außer durch haltlose Versprechungen, das Land in kurzer Zeit in den
       Wohlstand zu führen, ist sie im Wahlkampf keineswegs durch konstruktive
       Vorschläge zur Lösung der kroatischen Krise aufgefallen. Und dennoch hat
       sie bei einer für Kroatien hohen Wahlbeteiligung knapp gewonnen.
       
       Der bisherige Präsident Ivo Josipovic dagegen war vor seiner
       Präsidentschaft Mitglied der Sozialdemokraten SDP, ist ein feinsinniger
       Intellektueller, Musiker und Komponist, zudem ein seit langem hoch
       angesehener Jurist und überzeugter Europäer. Josipovic ist der Repräsentant
       des progressiven, kulturellen, bürgerlichen Zagreb. Seine im Wahlkampf
       gegen das sozialdemokratische Parteiestablishment gerichteten Vorschläge
       für Volksabstimmungen über notwendige Reformprojekte waren vernünftig und
       zeigten einen Ausweg aus der ökonomischen Misere.
       
       Bürgerlichkeit und Anstand, Intellektualität und komplizierte
       Gedankenspiele reichten nicht zum Sieg. Der seit Jahren anhaltende
       wirtschaftliche Abwärtstrend hat 20 Prozent der Menschen in die
       Arbeitslosigkeit getrieben, 50 Prozent der Jugendlichen haben keine Chance
       für einen Job, der kalte Neo-Kapitalismus verschlechterte
       Arbeitsbedingungen und Löhne. Viele kleine Leute, Arbeiter und Angestellte,
       die Katholische Kirche und die nationalistisch gesinnten Dörfler aus
       Dalmatien und Slawonien sowie die Auslandskroaten gelten zwar ohnehin als
       Wählerbasis für Kalinda Grabar-Kitarovic, diesmal stimmten jedoch offenbar
       auch viele Unzufriedene aus anderen Lagern für die vermeintliche
       Alternative.
       
       Den Ausschlag dürften die 16 Prozent junge Leute gegeben haben, die im
       ersten Wahlgang für den 24-jährigen Sozialrevolutionär Ivan Vilibor Sincic
       waren. Feinsinnige bürgerliche Intellektuelle aus dem Establishment können
       große Teile dieser Jugend nicht mehr begeistern. Es ist aber durchaus
       möglich, dass bei den diesjährigen Parlamentswahlen die Karten neu gemischt
       werden.
       
       12 Jan 2015
       
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