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       # taz.de -- Ermittlungen nach Anschlag in Paris: „Ihr attackiert den Islamischen Staat“
       
       > Möglicherweise hat einer der Attentäter auch einen Jogger
       > lebensgefährlich verletzt. In einem Video erklärt er seine Treue zum
       > Islamischen Staat.
       
   IMG Bild: Französische Polizisten überwachen die Umgebung im Vorfeld der Gedenkdemonstration in Paris.
       
       PARIS/WASHINGTON afp/dpa | Einer der islamistischen Attentäter in
       Frankreich hat womöglich noch einen weiteren Anschlag verübt: Die
       Staatsanwaltschaft stellte am Sonntag eine Verbindung zwischen Amedy
       Coulibaly und den Schüssen auf einen 32-jährigen Jogger am Mittwochabend im
       Großraum Paris her. Es habe einen Abgleich der am Ort des Angriffs auf den
       Jogger gefundenen Patronenhülsen mit der Tokarew-Pistole gegeben, die nach
       der Geiselnahme am Freitag in einem koscheren Supermarkt in Paris entdeckt
       worden war, erklärten die Ermittler.
       
       Ein 32-Jähriger war am Mittwochabend beim Joggen in Fontenay-aux-Roses
       südlich von Paris durch Schüsse lebensgefährlich verletzt worden. Coulibaly
       „wohnte in derselben Gemeinde und der Angriff fand am Tag des Attentats auf
       Charlie Hebdo statt“, hatte es bereits am Samstag aus Ermittlerkreisen
       geheißen.
       
       Coulibaly soll am Donnerstagmorgen eine Polizistin südlich von Paris
       erschossen und am Freitag bei einer Geiselnahme in einem koscheren
       Supermarkt vier Menschen getötet haben. Er wurde wie die beiden
       islamistischen Angreifer auf die Satirezeitung Charlie Hebdo am Freitag bei
       einem Polizeieinsatz getötet.
       
       Nach dem dramatischen Ende der Anti-Terror-Einsätze suchen die Ermittler
       mögliche Unterstützer der islamistischen Gewalttäter. Auch nach dem Tod der
       drei Attentäter galt weiterhin die höchste Alarmstufe. Intensiv gefahndet
       wurde nach der flüchtigen Lebensgefährtin eines der getöteten Terroristen.
       Die 26-Jährige soll Frankreich aber schon einige Tage vor dem Anschlag auf
       Charlie Hebdo verlassen haben.
       
       ## Treue zu al-Bagdadi
       
       Die drei Attentäter hatten sich nach einem Bericht des französischen
       Fernsehsenders BFMTV bei ihren Taten eng abgestimmt. Die Brüder Kouachi
       sollten das Satireblatt angreifen, Coulibaly wollte Polizisten ins Visier
       nehmen. Die Fahnder wollen herausfinden, woher die Waffen der Terroristen
       stammten und ob die Männer Anweisungen erhielten, „aus Frankreich, dem
       Ausland oder dem Jemen“, so der Staatsanwalt von Paris, François Molins.
       
       Von Coulibaly ist zudem ein postum zusammengestelltes Video im Internet
       aufgetaucht. Die Aufnahmen zeigten den Pariser Geiselnehmer und seien über
       einen Twitter-Account mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat
       (IS) verbreitet worden, [1][teilte die Beobachtungsplattform Site] am
       Sonntag mit. Coulibaly schwört darin dem IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi
       die Treue.
       
       Sein Handeln begründet der spätere Attentäter in einer der Aufnahmen in
       französischer Sprache mit den Angriffen der westlichen Koalition auf die
       Gebiete des Islamischen Staates. „Ihr attackiert den Islamischen Staat, wir
       attackieren euch“, sagt er. Auch bei den Angriffen auf den IS würden
       Zivilisten getötet. „Warum? Weil wir die Scharia anwenden?“, fragt
       Coulibaly in die Kamera. „Seid Ihr diejenigen die entscheiden, was auf der
       Erde passiert?“
       
       Den Treueeid liest er in stockendem Arabisch von einem Zettel ab: „Ich
       schwöre dem Emir der Glaubensstarken, Abu Bakr al-Kuraischi al-Bagdadi, die
       Treue in Wohl und Wehe“. Auffallend ist, dass er den Terrorfürsten mit
       seinem gewöhnlichen Namen anspricht. Den Namen „Ibrahim“, den sich der
       selbst ernannte Kalif gegeben hat, verwendet Coulibaly nur im
       Französischen.
       
       ## Szenen der Geiselnahme
       
       Der Internetdienst Site, der weltweit Terrorgruppen beobachtet, hält das
       Video für authentisch. Site hatte zunächst erklärt, das Video sei vom IS
       direkt verbreitet worden, dies dann aber korrigiert.
       
       Von offizieller französischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung der
       Authentizität. In dem Video sind Szenen von Waffensammlungen und
       Trainingssequenzen zu sehen. Später scheinen Aufnahmen von der Erstürmung
       des koscheren Geschäfts im Osten von Paris verwendet worden zu sein, wo
       Coulibaly Geiseln genommen hatte und nach Angaben der Staatsanwalt vier
       Menschen tötete.
       
       Die Ermittlungsbehörden wissen nach Angaben von US-Justizminister Eric
       Holder bisher nicht, wer hinter den Anschlägen in Frankreich steckt. „Wir
       haben zu diesem Zeitpunkt keine glaubwürdige Information, die uns eine
       Schlussfolgerung erlaubt, welche Organisation verantwortlich war“, sagte
       Holder am Sonntag dem US-Sender ABC. Einer Attentäter hatte sich zur
       Terrormiliz IS bekannt, die anderen beiden hatten Verbindungen zum
       Terrornetzwerk al-Qaida. „Es ist klar, dass beide Organisationen eine
       Bedrohung für die USA und ihre Verbündeten darstellen“, sagte Holder.
       
       Im Vorfeld der Gedenkdemonstration für die Opfer des Anschlags und der
       Geiselnahmen in Paris traf sich der deutsche Bundesinninminister Thomas De
       Maizière mit EU-Kollegen sowie US-Justizminister Eric Holder, um über
       Konsequenzen im Kampf gegen den Terrorismus zu beraten.
       
       11 Jan 2015
       
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