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       # taz.de -- Frankreich nach den Anschlägen: Suche nach Terror-Komplizin
       
       > Die Komplizin des islamistischen Geiselnehmers Coulibaly befand sich zum
       > Tatzeitpunkt vermutlich nicht in Frankreich. Offenbar war sie schon
       > vorher in die Türkei gereist.
       
   IMG Bild: Die Polizei jagt die weiterhin flüchtige Freundin des getöteten Geiselnehmers Amedy Coulibaly (32), Hayat Boumeddiene.
       
       PARIS dpa/afp/rtr | Die unter Hochdruck gesuchte Partnerin des von der
       Polizei erschossenen islamistischen Geiselnehmers Amedy Coulibaly ist
       offenbar in die Türkei gereist. Die 26-jährige Hayat Boumeddiene sei schon
       „seit einer gewissen Zeit“ in der Türkei, sagte ein Polizeivertreter am
       Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
       
       Boumeddiene war als mögliche Mittäterin bei zwei Verbrechen ihres
       Lebenspartners Coulibaly gesucht worden: den tödlichen Schüssen auf eine
       Polizistin in Montrouge südlich von Paris am Donnerstag und der tödlichen
       Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt am Freitag.
       
       Zum Zeitpunkt der Taten habe sich Boumeddiene aber höchstwahrscheinlich
       bereits in der Türkei aufgehalten, sagte der Polizeivertreter. Die
       Ermittler versuchen nun herauszufinden, ob Boumeddiene von der Türkei aus
       nach Syrien weiterreiste, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person
       am Samstag sagte.
       
       Nach dem dramatischen Ende der Anti-Terror-Einsätze konzentrieren sich die
       französischen Ermittler auf die Suche nach möglichen Unterstützern der
       islamistischen Gewalttäter. In Paris rief Staatspräsident François Hollande
       am Samstag erneut Minister und Sicherheitsdienste zu einer Krisensitzung
       zusammen. Auch nach dem Tod der drei Terroristen bleibt Frankreich im
       Alarmzustand und richtet sich bereits auf einen Solidaritätsmarsch am
       Sonntag in Paris ein.
       
       Die Abwehrmaßnahmen und Warnungen gegen Anschläge blieben unverändert auf
       der höchsten Stufe, kündigte Innenminister Bernard Cazeneuve an. Weitere
       spezielle Maßnahmen gegen den Terror seien für die kommenden Wochen
       geplant. „Wir sind Gefahren ausgesetzt“, warnte er von neuem. Mit Blick auf
       die geplante Kundgebung, an der zahlreiche europäische Regierungschefs
       teilnehmen wollen, kündigte nach Regierungschef Manuel Valls auch Cazeneuve
       alle notwendigen Maßnahmen an, um eine Veranstaltung in Gedenken und
       Respekt zu gewährleisten. Valls hatte zuvor versichert, der
       „republikanische Marsch“ nach Anschlägen und Geiselnahmen mit 17
       unschuldigen Opfern werde massiv geschützt.
       
       An der Kundgebung für die Opfer des Anschlags auf das Satiremagazin Charlie
       Hebdo vom Mittwoch wollen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler
       Sigmar Gabriel, Großbritanniens Premier David Cameron, Spaniens
       Ministerpräsident Mariano Rajoy und sein italienischer Kollege Matteo Renzi
       teilnehmen. „Es ist ein wichtiges Zeichen deutsch-französischer
       Freundschaft, dass wir in diesen Stunden zusammenstehen“, sagte Merkel in
       Hamburg.
       
       ## Al-Kaida droht mit weiteren Anschlägen
       
       Unterdessen drohte die Terrorgruppe Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel
       (AQAP) Frankreich mit weiteren Anschlägen. Es werde neue Angriffe geben,
       sollte das Land nicht damit aufhören, den Islam, seine Symbole und die
       Muslime zu „bekämpfen“, schrieb die Dschihad-Beobachtungsplattform Site.
       Sie berief sich auf eine per Video verbreitete Rede von Harith bin Ghasi
       al-Nadhari, einem der wichtigsten Glaubenshüter der Gruppe.
       
       Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) drohte mit einer größeren
       Terrorkampagne und weiteren Angriffen in Europa und den USA. „Wir haben mit
       der Operation in Frankreich begonnen, für die wir die Verantwortung
       übernehmen“, sagte der IS-Prediger Abu Saad al-Ansari nach Angaben von
       Anwesenden beim Freitagsgebet in einer Moschee der nordirakischen Stadt
       Mossul. „Morgen werden es Großbritannien, die USA und andere sein.“ Einen
       Zusammenhang mit IS behauptete auch Amedy Coulibaly, einer der am Freitag
       getöteten Terrorverdächtigen.
       
       ## Jagd nach flüchtiger Freundin
       
       Die Polizei jagte derweil auch am Samstag die weiterhin flüchtige Freundin
       von Coulibaly (32). Die 26-jährige Frau wird im Zusammenhang mit der
       Schießerei vom Donnerstag im Süden von Paris gesucht, bei der eine
       Polizistin starb. Dafür wird Coulibaly verantwortlich gemacht, der später
       Geiseln in einem jüdischen Geschäft im Osten der Hauptstadt nahm.
       
       Spezialeinheiten der Polizei erschossen am Freitag in Dammartin-en-Goële
       etwa 40 Kilometer nordöstlich von Paris das Brüder-Paar Chérif (32) und
       Said Kouachi (34), das hinter dem Anschlag auf Charlie Hebdo mit zwölf
       Toten stecken soll. Fast zeitgleich beendeten sie die Geiselnahme im
       Pariser Osten. Dort soll der Täter in einem jüdischen Lebensmittelgeschäft
       vier Geiseln ermordet haben.
       
       „Keine Geisel wurde während des Polizeieinsatzes getötet“, resümierte der
       Staatsanwalt von Paris, François Molins. Vier Menschen wurden verletzt. Als
       Polizisten das jüdische Geschäft stürmten, erschütterten laute Explosionen
       das Stadtviertel an der Porte de Vincennes. Etliche Geiseln rannten aus dem
       Laden und brachten sich in Sicherheit.
       
       Die drei Attentäter hatten sich nach einem Bericht des französischen
       Fernsehsenders BFMTV bei ihren Taten eng abgestimmt. In einem Gespräch
       sagte Coulibaly, er habe sich mit den Brüdern Kouachi abgesprochen. Die
       beiden sollten das Satireblatt angreifen, er selbst wollte Polizisten ins
       Visier nehmen. Coulibaly sagte auch, er habe Instruktionen der Terrormiliz
       IS bekommen.
       
       Molins bestätigte, dass sich beim Überfall der beiden
       Charlie-Hebdo-Attentäter auf die Druckerei ein Angestellter verstecken
       konnte – im zweiten Stock des Gebäudes in einer Kantine unter einem
       Spülbecken. Medienberichten zufolge informierte dieser Mann die Polizei.
       Die Attentäter nahmen laut Molins zunächst den Geschäftsführer der
       Druckerei als Geisel, ließen ihn dann aber frei.
       
       Die Fahnder wollen herausfinden, woher die Waffen der Terroristen stammten
       und ob die Männer Anweisungen erhielten, „aus Frankreich, dem Ausland oder
       dem Jemen“. Chérif Kouachi hatte sich 2011 im Jemen aufgehalten.
       
       10 Jan 2015
       
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