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       # taz.de -- Kommentar zur Hamburger Schulpolitik: Politik in letzter Minute
       
       > Rabe trieb ein riskantes Spiel, nun drohte seine Reform gegen die Wand zu
       > fahren
       
   IMG Bild: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe
       
       Wer will noch mal, wer hat noch nicht, könnte man fragen. Die letzten
       Wochen vor der Hamburg-Wahl scheinen eine gute Gelegenheit zu sein, um bei
       lang aufgestauten Politik-Konflikten endlich einen kleinen Durchbruch zu
       erlangen.
       
       Erst vor drei Wochen waren es die Kita-Personalschlüssel. Die SPD bietet
       nun den Einstieg in kleinsten Schritten für bessere Betreuung an, nachdem
       der Sozialsenator den ErzieherInnen lange Zeit gar keine Hoffnung machte.
       Noch sturer agiert Schulsenator Ties Rabe beim Streit um die Quote der
       LSE-Kinder. Die jetzt erfolgte externe Überprüfung hätte er schon vor drei
       Jahren anordnen können. Hat er aber nicht.
       
       Er vertrat gebetsmühlenartig, dass nicht sein könne, was ist: Dass durch
       Inklusion mehr Förderkinder an den allgemeinen Schulen identifiziert werden
       als die, die Sonderschulen verlassen. Es ist aber so, beispielsweise weil
       auch die alten Integrationsklassen aufgelöst wurden, die überproportional
       viele Förderkinder hatten. Oder weil es für als „E“-Kinder geförderte
       Schüler mit Unterstützungsbedarf in der emotionalen Entwicklung seit
       Abschaffung der „Verhaltensgestörtenschulen“ zuletzt gar keine
       Sonderschulform mehr gab. Beide Effekte erhöhen die LSE-Quote auf eben
       jenen Wert, den Rabe nun anerkennen muss.
       
       Rabe trieb ein riskantes Spiel. Die Grundidee solch einer „systemischen
       Ressource“, die auf stigmatisierende „Statusdiagnostik“ verzichtet, ist
       gut. Nur darf sie nicht unterfinanziert sein. Sonst besteht die Gefahr,
       dass Kinder nicht ausreichend gefördert werden und die Reform gegen die
       Wand fährt.
       
       Rabe schien zu Beginn seiner Amtszeit zunächst durchaus der Richtige für
       die Umsetzung der Inklusion zu sein. War er es doch, der zuvor als
       Oppositionspolitiker Druck machte, den Rechtsanspruch auf Besuch einer
       Regelschule von einem Finanzvorbehalt zu befreien. Da galt es, Wort zu
       halten. Nun gibt es diesen Anspruch und er ist mit Zehen und Klauen zu
       verteidigen. Dafür sollte dieses auch sozialpolitisch wichtige Projekt für
       die SPD endlich eine ähnlich hohe Priorität haben wie beitragsfreie Kitas.
       
       Diese Last-Minute-Zugeständnisse machen hellhörig. Es gilt jetzt für den
       Scholz-Senat den Eindruck zu halten, fehlerfrei zu regieren. Nach der Wahl
       dauert es ein halbes Jahrzehnt bis zum nächsten Wettstreit um die Wähler.
       Bei diesem Führungspersonal ist weiter mit Starrköpfigkeit zu rechnen.
       
       8 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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