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       # taz.de -- Arabische Presse zu „Charlie Hebdo“: Entschuldiger und Aufstachler
       
       > Der Anschlag auf die französische Satirezeitung wird in der arabischen
       > Presse als Akt des Terrors verurteilt. Doch auch Rassismus sei ein
       > Problem.
       
   IMG Bild: Zeichnung in Gedenken an die Zeitung in Paris.
       
       BERLIN taz | „Die Extremisten kommen aus den Reihen von uns Muslimen“,
       [1][stellt die in vielen arabischen Ländern erscheinende Tageszeitung]
       Al-Sharq Al-Awsat fest. Es gebe keinen Unterschied zwischen islamistischen
       Terroristen, die in Syrien Kinder töten und Jesidinnen verschleppen, und
       denen, die in Paris Journalisten ermorden: „Der Täter ist derselbe.“ Die
       Schuld sei nicht allein bei den Tätern zu suchen, sondern bei all jenen,
       die deren Verbrechen rechtfertigten und versuchten, die Muslime mit Lügen
       und Entschuldigungen in die Irre zu führen. „Diese ’Entschuldiger‘ geben
       den Terroristen Deckung und Legitimität.“
       
       In [2][eine ähnliche Richtung zielt die saudische News-Website] Al-Arabiya:
       „Der Terrorismus ist immer derselbe, es gibt keinen Unterschied zwischen
       Mord hier und Mord da.“ Paris unterscheide sich nicht von der saudischen
       Stadt Arar, wo am Montag zwei Grenzsoldaten getötet wurden. Beide Anschläge
       trügen den Stempel des IS. Auch Al-Arabiya betont die Rolle der
       „Aufstachler“ und „Rechtfertiger“: „Sie rechtfertigten den 11. September in
       New York, schwiegen über den 12. Mai in Riadh und waren ratlos über den 7.
       Juli in London.“
       
       Die ägyptische Tageszeitung Youm7 [3][hebt dagegen die islamkritischen
       Karikaturen des Satiremagazins hervor]. „Die französische Zeitung wird
       beschuldigt, den IS, den Islam und den Propheten beleidigt zu haben, und
       das ist ein wichtiger Punkt, denn die Europäer – besonders die weniger
       informierten Medien – verwechseln Muslime und Terroristen und wissen nicht,
       dass die Mehrheit der Muslime friedlich und gemäßigt ist.“ Dennoch dürfe
       dem „Meinungsfanatismus“ nicht mit Waffengewalt begegnet werden.
       
       Die terroristische Gewalt, schreibt Youm7 weiter, spüle Wasser auf die
       Mühlen „der fanatischen Rechten in Europa“. Einige in Europa betrachteten
       Ausländer nicht als Teil der europäischen Kultur und wollten sie ausweisen.
       „Es ist wahr, dass sie (die Terroristen, d. Red.) zum Islam gehören, aber
       am Ende sind sie europäische Staatsbürger. Wird Europa sie ausweisen oder
       ihren Ideen etwas entgegensetzen (...)?“, fragt die Zeitung.
       
       „Frankreich greift Frankreich an“. So sieht es auch [4][die libanesische
       Tageszeitung] Al-Akhbar: „Nach Verbrechen und Tragödien wie in Paris
       bestimmt das Leitmotiv ’Solidarität mit Frankreich‘ den Diskurs – als ob
       das Land einem ausländischen Angriff ausgesetzt gewesen wäre.“ Innere
       Krisen nach außen zu verlagern, sei ein alter Reflex, mit dem die Wahrheit
       verdrängt werde. Es müsse aber über den „Rassismus des französischen Staats
       und der französischen Gesellschaft gegen Migranten“ gesprochen werden, in
       der „Franzose“ und „Muslim“ als Gegensatz aufgefasst würden.
       
       Auch die Regierung in Paris trägt laut der Zeitung, die der schiitischen
       Hisbollah nahesteht, eine Mitschuld. Sie habe es den Saudis erlaubt,
       islamische Einrichtungen zu finanzieren und ihr salafistisches und
       wahhabitisches Gedankengut in Frankreich zu verbreiten. Die von der
       Gesellschaft abgelehnten Muslime würden auf ihrer Suche nach einer
       muslimischen Identität schließlich allein im Salafismus fündig werden.
       
       Die europäischen Regierungen rückt auch die dem syrischen Regime
       nahestehende Zeitung Al-Thawra in den Mittelpunkt, die die
       muslimfeindlichen Kräfte in Europa als gegen den islamistischen Terror
       verstanden wissen will. Mit Blick auf die deutsche Pegida-Bewegung
       [5][heißt es]: „Vor der Schießerei brach auf Massendemonstrationen in
       einigen Hauptstädten Europas Wut über die Unterstützung des Terrorismus in
       Syrien und dem Irak aus.“ In Europa würden die Stimmen lauter, „die dazu
       aufrufen, die Terroristen nicht weiter mit Waffen und Geld zu versorgen“,
       schreibt der Autor, der der westlichen Hilfe für einige syrische
       Rebellengruppen merklich ablehnend gegenübersteht. Doch die USA und
       Frankreich würden an ihrem Kurs festhalten, unbeirrt Öl ins Feuer gießen
       und die Krisen in der arabischen Region – „vor allem in Syrien“ – schüren.
       
       8 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://aawsat.com/home/article/260941/%D8%B9%D8%A8%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D8%B1%D8%AD%D9%85%D9%86-%D8%A7%D9%84%D8%B1%D8%A7%D8%B4%D8%AF/%D8%A7%D9%84%D8%A8%D8%AD%D8%AB-%D8%B9%D9%86-%D8%B9%D8%B0%D8%B1-%D9%84%D8%A5%D8%B1%D9%87%D8%A7%D8%A8%D9%8A%D9%8A-%D8%A8%D8%A7%D8%B1%D9%8A%D8%B3
   DIR [2] http://www.alarabiya.net/ar/politics/2015/01/07/%D9%85%D9%86-%D8%B9%D8%B1%D8%B9%D8%B1-%D8%A5%D9%84%D9%89-%D8%A8%D8%A7%D8%B1%D9%8A%D8%B3-%D9%85%D8%AD%D8%B1%D8%B6-%D9%88%D9%82%D8%A7%D8%AA%D9%84-%D9%88%D9%85%D8%A8%D8%B1%D8%B1.html
   DIR [3] http://www.youm7.com/story/2015/1/8/%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%B1%D9%87%D8%A7%D8%A8-%D8%A7%D9%84%D9%81%D8%B1%D9%86%D8%B3%D8%A7%D9%88%D9%89-%D8%B3%D9%88%D8%A1-%D9%81%D9%87%D9%85-%D9%85%D8%B2%D8%AF%D9%88%D8%AC/2018747#.VK5gtHuDjvZ
   DIR [4] http://www.al-akhbar.com/node/223324
   DIR [5] http://thawra.sy/_View_news2.asp?FileName=61990781920150108011631
       
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