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       # taz.de -- Vor zehn Jahren starb Oury Jalloh: Anklage wegen Mordes gefordert
       
       > Die Staatsanwaltschaft Dessau hat wegen des Todes von Oury Jalloh ein
       > neues Ermittlungsverfahren aufgenommen. Aber ist sie dafür auch geeignet?
       
   IMG Bild: 13.12.2012: Am Tag der Urteilsverkündung im Jalloh-Prozess vor dem Landgericht Magdeburg.
       
       BERLIN/DESSAU taz | Vor zehn Jahren starb der Asylbewerber Oury Jalloh. Am
       späten Vormittag des 7. Januars 2005 verbrannte der Sierra Leoner an Händen
       und Füßen gefesselt in einer Gewahrsamszelle des Polizeireviers Dessau. Wie
       das geschehen konnte, ist bis heute unklar – auch der Staatsanwaltschaft.
       
       Der Fall war mittlerweile Gegenstand zweier kompletter Verfahren an den
       Landgerichten Dessau und Magdeburg, inklusive zweier Revisionen beim
       Bundesgerichtshof. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau ein
       neues Ermittlungsverfahren angestrengt, erklärte ihr Sprecher Christian
       Preissner.
       
       Das erneute Ermittlungsverfahren sei nach dem letzten Urteil des
       Landgerichts Magdeburg aufgenommen worden. Das Gericht verurteilte im
       Dezember 2012 einen Polizisten, weil er den Feueralarm in der Polizeiwache
       zunächst ignoriert hatte. "Sie können davon ausgehen, dass der See hier
       keineswegs still ruht", sagte Preissner. Die Anklagebehörde prüfe alle
       möglichen Erklärungen für den Tod Jallohs noch einmal. "Wir wollen
       sämtliche Zweifel am Hergang des Brandausbruchs ausräumen."
       
       Warum ein erneutes Ermittlungsverfahren nötig geworden sei, wollte
       Preissner nicht sagen. Von einer Anklage könnte erst dann die Rede sein,
       wenn die Ermittlungen „schlussendlich einen hinreichenden Tatverdacht gegen
       eine oder mehrere konkrete Personen ergäben“. Ob das Feuer von einer oder
       mehreren anderen Personen gelegt wurde, „das sollen ja gerade die
       anhängigen Ermittlungen ergeben.“
       
       Seit dem Feuertod des Afrikaners protestiert eine Initiative in Gedenken an
       Oury Jalloh gegen die schleppende Aufklärung durch die Justiz. „Wir
       erwarten die Wahrheit. Die Staatsanwaltschaft soll Anklage wegen Mordes
       erheben“, sagt Mouctar Bah, der Sprecher der Initiative. Allerdings sei das
       Vertrauen in die Anklagebehörde in Dessau zerstört. „Solange die mit der
       Sache befasst ist, wird nichts rauskommen. Wir wollen ein Verfahren
       außerhalb Dessaus.“
       
       Juristen, die nicht vorbelastet sind, sollen in dem Fall ermitteln und
       verhandeln, fordert Bah. Im November 2013 hatte die Initiative ein
       privatfinanziertes, außergerichtliches Gutachten zum Brand in Oury Jallohs
       Zelle vorgestellt. Daraufhin haben verschiedene Medien die Mordthese
       erstmals ernsthaft diskutiert.
       
       ## Begründete Zweifel
       
       Der leitende Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann war bei der
       Präsentation des Gutachtens in Berlin anwesend und hatte von
       „ernstzunehmenden neuen Indizien“ gesprochen. Doch im Herbst 2014
       verhandelte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe den Fall. Es bestätigte aber
       den Spruch des Landgerichts Magdeburg, das einen Dienstgruppenleiter der
       Polizei verurteilte, weil er den Feueralarm im Revier ignoriert hatte,
       statt Jalloh zu retten.
       
       Die Richter stellten jedoch nicht in Frage, dass Jalloh sich selbst mit
       einem Feuerzeug angezündet habe, das bei der Leibesvisitation übersehen
       worden war. „Die Justiz weiß, dass ein Leichnam nicht so stark verkohlen
       kann, wenn kein Brandbeschleuniger benutzt wird“, sagt Bah dazu. „Sie weiß,
       dass an dem in der Zelle gefundenen Feuerzeug, mit dem er sich selbst
       angezündet haben soll, keine DNA-Spuren von Oury Jalloh waren und keine
       Fasern von seiner Kleidung.“ All das werde „mit Absicht ignoriert“.
       
       Wie jedes Jahr am Todestag Jallohs hat die Initiative für
       [1][Mittwochmittag zu einer Demonstration in Dessau aufgerufen]. Der
       Protestzug soll am Sitz der Staatsanwaltschaft in Dessau, am Landgericht,
       am Gedenkstein für Alberto Adriano, der 2000 von Nazis in der Stadt getötet
       wurde und beim Oberbürgermeister vorbeiführen. Als Schlusspunkt ist das
       Polizeirevier, in dem Oury Jalloh verbrannt, vorgesehen. Initiativen aus
       Italien, Frankreich und Belgien haben angekündigt, zeitgleich vor deutschen
       Botschaften Kundgebungen abhalten zu wollen.
       
       7 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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