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       # taz.de -- Strategien gegen Pegida: „Wir Deutsche“ neu definieren
       
       > Pegida zeige, dass es einen tiefen Riss in der Gesellschaft gebe, sagen
       > führende Migrationsforscher. Es müsse anders über Zugehörigkeit
       > gesprochen werden.
       
   IMG Bild: Tanzen und Trommeln liegen uns Deutschen im Blut
       
       BERLIN taz | Man müsse die Pegida-Proteste ernst nehmen – mit diesen Worten
       eröffnete der Berliner Migrationsforscher Werner Schiffauer am Montag in
       Berlin seine Pressekonferenz mit zwei Kollegen. Die Kundgebungen der
       „Patriotischen Europäer gegen eine Islamisierung des Abendlandes“ sind
       bislang zwar weitgehend auf Dresden begrenzt geblieben. Doch in der
       Zustimmung und dem Verständnis, das den sächsischen Wutbürgern aus weiten
       Teilen der Bevölkerung entgegenschlage, zeige sich ein tiefer Riss, der die
       Gesellschaft in Fragen der Zuwanderung durchziehe, so Schiffauer.
       
       Der Rat für Migration schlägt deshalb vor, eine fachlich und überparteilich
       besetzte Kommission aus Politikern, Wissenschaftlern sowie Vertretern von
       Minderheiten und Mehrheitsgesellschaft einzurichten, um ein neues
       gesellschaftliches Leitbild zu formulieren. Es bräuchte einen Konsens in
       Fragen der Einwanderung und der Zugehörigkeit, betonte Schiffauer.
       Federführend könnte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan
       Özoguz (SPD), das Gremium einberufen.
       
       „Es ist wichtig, dass wir den Begriff „Wir Deutsche“ neu definieren“, sagte
       Schiffauer. Die Strategie der CSU, den rechten Rand einzufangen, sei
       dagegen falsch. Statt die Rufe der Pegida-Anhänger nachzubeten, müsse man
       ihnen eine alternative Vision für das gesellschaftliche Zusammenleben in
       Deutschland entgegensetzen, plädierte Schiffauer. Dem Rat für Migration
       gehören rund 80 Wissenschaftler an, die sich mit Fragen der Zuwanderung und
       Integration befassen. Durch die Pegida-Debatte sehen sie sich
       herausgefordert, Stellung zu beziehen.
       
       Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick zitierte aktuelle Studien,
       wonach etwa ein Viertel der Bevölkerung Schwierigkeiten mit den Realitäten
       einer Einwanderungsgesellschaft habe – und das gerade dann, wenn sie selbst
       im Alltag gar keine Erfahrungen mit Zuwanderern oder Muslimen hätten.
       
       ## Aufklärung allein genügt nicht
       
       Dem stünde ein anderes Viertel gegenüber, das sich eine noch größere
       Offenheit gegenüber Einwanderern wünsche. Ihr Wissen über Migration oder
       den Islam bezögen viele Menschen vorwiegend aus den Medien. Angaben über
       die Zahl der Muslime in Deutschland oder die Dimensionen der Kriminalität
       von Einwanderern würden von ihnen oft maßlos überschätzt. Doch Aufklärung
       allein genüge nicht, um Vorurteile zu entkräften.
       
       Auch die Berliner Migrationsforscherin Naika Foroutan hob die Ambivalenz
       hervor, mit der die Deutschen das Thema Einwanderung betrachteten. Je
       patriotischer oder nationalistischer, desto engstirniger zeigten sich
       viele, was die Rechte von Muslimen und anderen Minderheiten angehe.
       
       Aber müsste in einer Leitbild-Kommission nicht auch ein Pegida-Vertreter
       sitzen, wenn diese alle gesellschaftlich relevanten Gruppen spiegeln solle?
       „Es könnte auch jemand wie Monika Maron sein“, schlug Naika Foroutan vor.
       Die bekannte Schriftstellerin hatte am Montag in einem Artikel in der Welt
       Verständnis für die Dresdener Pegida-Demonstranten geäußert.
       
       6 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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