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       # taz.de -- Steinkohlekraftwerk in Moorburg: Strom aus dem Jurassic Park
       
       > Ende Februar will Vattenfall sein umstrittenes Kohlekraftwerk an der
       > Süderelbe in Betrieb nehmen. Das wird den CO2-Ausstoß Hamburgs um 50
       > Prozent erhöhen.
       
   IMG Bild: Fertig: Das Kraftwerk Moorburg soll im Februar in Betrieb gehen.
       
       Der Dinosaurier erwacht zu neuem Leben. Ende Februar will der
       Energiekonzern Vattenfall sein Steinkohlekraftwerk in Moorburg mit zunächst
       einem Block in Betrieb nehmen. Das erklärte Unternehmenssprecherin Karen
       Kristina Hillmer am Montag auf Anfrage der taz. Der zweite Block soll
       voraussichtlich Ende Juni 2015 den Betrieb aufnehmen. Dann würde der
       Moorburg-Dino rein rechnerisch fast ganz Hamburg mit schmutzigem Strom aus
       dem Jurassic Park an der Süderelbe versorgen können.
       
       Ursprünglich sollte der Meiler, der bereits seit Februar 2014 im
       Probebetrieb läuft, schon im vorigen Jahr ans Netz gehen. Drei Mal jedoch
       wurde die Inbetriebnahme verschoben. Es müssten noch „Feinjustierungen
       vorgenommen werden, um die technischen Abläufe zu optimieren“, so Hillmer.
       Zur Höhe der Einnahmeverluste für Vattenfall durch die Verzögerungen wollte
       sie sich nicht äußern.
       
       Das Kraftwerk war 2008 vom CDU-Senat genehmigt worden. Unter der
       nachfolgenden schwarz-grünen Regierung scheiterten die Grünen mit ihrem
       Versuch, die Genehmigung zurückzuziehen. Stattdessen wurden dem Kraftwerk
       teure ökologische Auflagen wie ein zusätzlicher Kühlturm und
       Einschränkungen bei der Kühlwasserentnahme aus der Elbe gemacht. Dadurch
       sinkt der Wirkungsgrad des Meilers auf etwa 45 Prozent und der Gewinn laut
       früheren Unternehmensangaben um neun bis 16 Millionen Euro pro Jahr. Und so
       ist denn aus dem Konzern inzwischen das Eingeständnis zu hören, dass „wir
       das Kraftwerk heute nicht mehr bauen würden“.
       
       Auch im SPD-Senat ist die anfängliche Begeisterung für den schwarzen
       Raucher am Köhlbrand abgeklungen. Im Sommer 2013 hatte Bürgermeister Olaf
       Scholz noch von dem „hochleistungsfähigen, hocheffizienten und
       hochlukrativen Kraftwerk“ geschwärmt. Im „SPD-Regierungsprogramm 2015 –
       2020“ zur Bürgerschaftswahl am 15. Februar wird der Meiler nur noch mit
       einem einzigen Satz erwähnt: „Nach langer Vorlaufzeit geht das 2008
       genehmigte Kraftwerk Moorburg jetzt ans Netz“ – Begeisterung klingt anders.
       
       Bekämpft von Grünen und Umweltverbänden wurde das Kraftwerk vor allem wegen
       seiner Emissionen an Kohlendioxid (CO2). Im Vollbetrieb wird der Meiler
       etwa 8,5 Millionen Tonnen CO2 in die Luft blasen. Damit würden die
       Hamburger Emissionen von derzeit rund 18 Millionen Tonnen um etwa die
       Hälfte erhöht. Wie dabei das offizielle politische Ziel erreicht werden
       soll, den Ausstoß des Klimakillers in der Stadt bis 2020 im Vergleich zum
       Basisjahr 1990 um 40 Prozent zu senken und bis 2050 um 80 Prozent, bleibt
       offen.
       
       Zudem droht dem Senat weiteres Ungemach. Anfang November entschied das
       Hamburger Verwaltungsgericht auf Klage eines Bürgers, die Stadt müsse „in
       den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufnehmen, die zu einer möglichst schnellen
       Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid führen sollen“.
       
       Denn seit 2010 verstößt Hamburg permanent gegen die EU-Grenzwerte für die
       Schadstoffbelastung der Atemluft. Die Stadt hat zwar Revision eingelegt,
       aber selbst in der Umweltbehörde heißt es hinter vorgehaltener Hand, „dass
       wir das wohl verlieren“.
       
       Zudem wirft die EU-Kommission Hamburg vor, bei der Genehmigung des Meilers
       die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU rechtswidrig ausgelegt zu haben.
       Kurz vor Weihnachten hat die Stadt die angeforderte – vertrauliche –
       Stellungnahme nach Brüssel gesandt. Wenn die Kommission die Antwort nicht
       überzeugend findet, wird sie Hamburg vor dem Europäischen Gerichtshof
       verklagen.
       
       Ganz schön viel Stress für einen unrentablen Klimakiller.
       
       5 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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