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       # taz.de -- Euro-Einführung in Litauen: Ein Gefühl erhöhter Sicherheit
       
       > Litauen bekommt am 1. Januar 2015 die Gemeinschaftswährung. Sie soll auch
       > die russischsprachige Minderheit enger an den Westen binden.
       
   IMG Bild: Ab dem 1. Januar 2015 ist der Euro auch in Litauen Zahlungsmittel.
       
       WARSCHAU taz | Litauen wird 19. Mitglied im Euro-Klub. An Silvester ist es
       soweit. Während des Neujahr-Feuerwerks will Litauens Premier Algirdis
       Butkevicius den ersten Euro-Schein aus einem Bankautomaten ziehen. Zur
       Feier des Tages wollen auch der estnische Premier Taavi Rõivas und der
       lettische Außenminister Edgar Rinkevics in die litauische Hauptstadt
       Vilnius kommen.
       
       Der Nachbar Estland führte den Euro als erster der drei baltischen Staaten
       2011 ein, Lettland folgte 2014. Nun also Litauen. „Ich glaube, dass die
       neue Währung uns stärker machen wird – sowohl wirtschaftlich als auch
       politisch“, ist Premier Butkevicius überzeugt.
       
       Noch 2007 war die Euro-Einführung in Litauen im letzten Moment gescheitert.
       Das Land hatte die zweijährige Probezeit schon fast durchlaufen, als die
       weltweite Wirtschaftskrise auch in Litauen die Inflation in die Höhe trieb.
       Die Landeswährung Litas verlor an Wert. Statt „Willkommen im Club“ hörten
       die Litauer „Zurück an den Start!“
       
       Die ohnehin nicht sonderlich ausgeprägte Begeisterung der Litauer für den
       Euro wich tiefer Enttäuschung. Viele waren angesichts der Wirtschafts- und
       Finanzkrise aber auch erleichtert, erst einmal vom „Teuro“ verschont zu
       bleiben.
       
       Es dauerte ein paar Jahre, bis Litauen die Rezession überwunden hatte.
       Heute gehört das Land wieder zu den wachstumsintensivsten in der Region.
       Trotz der Krise im Euro-Raum, der hohen Staatsverschuldung und
       Arbeitslosigkeit in den Euro-Staaten und den wiederkehrenden Problemen mit
       den Euro-Mitgliedern in Südeuropa, nahmen Litauens Politiker erneut Anlauf
       zur Einführung des Euro. Diesmal klappte es. Litauen hat die Ziellinie
       erreicht. Das Land erfüllt problemlos die Maastricht-Kriterien.
       
       ## Skepsis überwunden
       
       Auch die meisten Litauer haben ihre Skepsis inzwischen überwunden. Im
       November waren weit über 50 Prozent der Litauer für die Übernahme des Euro
       als Landeswährung, wie eine Umfrage der litauischen Notenbank zeigt. Dabei
       waren es weniger die ökonomischen Argumente, die den Ausschlag zugunsten
       des Euro gaben, denn die sicherheitspolitischen.
       
       Litauen ist eine Ex-Sowjetrepublik. 1991 hatten 85 Prozent der Litauer für
       die Unabhängigkeit des Landes und die Loslösung von der Sowjetunion
       gestimmt. Über ein Dutzend junger Litauer bezahlten den Freiheitskampf mit
       ihrem Leben.
       
       Der hybride Krieg Russlands gegen die Ukraine und die ständigen
       Grenzverletzungen durch russische Aufklärungs-Jets in Litauen wie auch den
       beiden anderen baltischen Staaten, schweißten Litauer, Esten und Letten nur
       noch enger in ihrer Westorientierung zusammen. Da sie keine eigene
       Luftwaffe besitzen, begleiten Jets aus anderen Nato-Staaten die in letzter
       Zeit so oft „verirrten“ russischen Flugzeuge zurück an die russische
       Grenze.
       
       Die baltischen Republiken strebten von Anfang an in die Nato und die
       Europäische Union. Der Euro als gemeinsames europäisches Zahlungsmittel
       erhöht das Sicherheitsgefühl. Er soll auch die russischsprachige Minderheit
       im Lande – jeder 20ste Litauer hat russische Wurzeln – stärker an Litauen
       und den Westen binden. Mit dem Euro nehmen die Litauer die Verteidigung des
       Landes gewissermaßen selbst in die Hand.
       
       Polen, direkter Nachbar Litauens im Westen, hat sich zwar mit dem
       EU-Beitritt ebenfalls dazu verpflichtet, den Euro als Gemeinschaftswährung
       einzuführen. Doch weder den Notenbankchef drängt es zur Eile, noch die
       meisten Polen. Obwohl Polen in den letzten Jahren immer wieder als
       „Wirtschaftswunderland“ gefeiert wurde, weil es als einziges EU-Land die
       große Wirtschaftskrise ohne tiefe Rezession überstand, hält Notenbankchef
       Marek Belka die Wirtschaft Polens für zu schwach, um bereits jetzt den Euro
       übernehmen zu können. Das Land habe Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit
       auf internationalen Märkten. Statt „Made in Poland“ zähle vor allem
       „Billig, billig“. Die Arbeitslosigkeit sei hoch, und auch der
       Staatshaushalt noch immer nicht konsolidiert.
       
       Dazu kämen noch die ungelösten Problem in der Euro-Zone selbst. „Zur Zeit
       wäre es für Polen in der Euro-Zone gefährlicher als außerhalb“, so Belka im
       Fernsehsender TVN24. Diese Ansicht dürften die meisten Polen teilen. Einer
       Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CBOS im November 2014 zufolge sind
       knapp 70 Prozent der befragten Polen gegen die Übernahme des Euro. Das
       Schreckgespenst „Teuro“ scheint von Jahr zu Jahr größer zu werden. Die
       Aussicht, statt 4.000 Zloty demnächst nur noch knapp 1.000 Euro in der
       Brieftasche zu haben, lässt viele schaudern.
       
       31 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gabriele Lesser
       
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