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       # taz.de -- Auktionsergebnisse des Kunsthandels: Das eine Prozent und die Kunst
       
       > Nie zuvor wurde so viel für Kunst ausgegeben wie 2014. Ein Großteil des
       > Geldes fließt immer noch in die Werke männlicher Künstler.
       
   IMG Bild: Knete für die Kunst: So wie hier im Auktionshaus Christie's wurde 2014 viel Geld bei Versteigerungen ausgegeben.
       
       Dem berühmt-berüchtigten einen Prozent ging es dieses Jahr blendend, ja
       besser denn je, das zeigen die Auktionsergebnisse des Kunsthandels. Die
       Superreichen fallen uns ja nur deshalb hin und wieder auf, weil sie als
       Freunde der Kunst auf den großen Abendauktionen in New York und London
       Flagge zeigen. Sonst entzieht sich ihr Leben jeglicher öffentlicher
       Aufmerksamkeit.
       
       Dieses Jahr haben sie im November, als in New York die großen
       Abendauktionen stattfanden, bei Christie’s für einen Umsatz von 1,16
       Milliarden Dollar gesorgt. Konkurrent Sotheby’s kam auf 1,02 Milliarden. An
       einem einzigen Abend, nämlich am 12. November, an dem auch die beiden
       Warhols der Spielbank Aachen zum Aufruf kamen, wurden bei Christie’s allein
       852,9 Millionen Dollar bei der zeitgenössischen Kunst umgesetzt.
       
       Ob Roman Abramovich da noch am Start war? Eine von Vanity Fair
       veröffentlichte Liste derjenigen Russen, die am härtesten von der
       ökonomischen Krise des Landes betroffen sind, muss auch den Kunstmarkt
       interessieren. Denn neben Abramovich, der allein in der zweiten
       Dezemberwoche 450 Millionen Dollar verlor, sind dort noch weitere
       Kunstsammler zu finden wie etwa Viktor Veselberg, der 490 Millionen verlor
       oder Mikhail Fridman mit einem Verlust von 417 Millionen.
       
       Ebenfalls bei Vanity Fair erwähnt ist der mexikanische Milliardär Carlos
       Slim, dessen Vermögen aufgrund des Ölpreisverfalls nun rund 3 Milliarden
       Dollar weniger wert ist. Wirklich tragisch ist das freilich nicht, alle
       verfügen sie immer noch über ein Kapital im zweistelligen
       Milliardenbereich.
       
       ## Wie profitabel ist das Auktionswesen?
       
       Ein wirkliches Rätsel werfen nach dieser Supersaison im Kunsthandel der
       Rücktritt von Sotheby’s CEO Bill Ruprecht wie der nur einen Tag später
       bekannt gegebene Rücktritt von Steven Murphy als CEO von Christie’s auf.
       Nun diskutiert die Branche, wie profitabel das Auktionswesen, trotz der
       immensen Umsätze, wirklich ist. Christie’s Chef für die zeitgenössische
       Kunst Brett Gorvy sagt, das der Gewinn bei den großen Verkäufen nur selten
       acht Prozent übersteigt. Und so gerne sich der Kultur- und Kunstbetrieb
       über die Summen mokiert, die auf den Abendauktionen erzielt werden: Hier
       ist der Kunstmarkt wenigstens mal transparent, anders als bei den
       Galerieverkäufen.
       
       Dazu kommen die Online-Auktions-Portale wie etwa [1][Artnet Worldwide], die
       zusätzlich für Transparenz sorgen. Auch online stiegen die Preise von 5-
       bis 15.000 Dollar Anfang des Jahres auf dann 10- bis 100.000, wie Roxanna
       Zarnegar von Artnet Worldwide erklärte. Die Auktionsplattform pflegt ihre
       Datenbank, in die sämtliche Verkaufsergebnisse von rund 1.600
       Auktionshäusern seit 1985 eingeflossen sind, minutiös. Der Zutritt zur
       Datenbank kostet, aber für Sammler und Kunstmarktexperten lohnt es sich.
       
       ## Top 50 der Künstlerinnen
       
       Natürlich kann Artnet dann auch aufschlüsseln, wer im abgedeckten Zeitraum
       die 50 Top-Verkäufer unter den Künstlerinnen sind. An erster Stelle steht
       etwas überraschend die dem Abstract Expressionism zugerechnete Joan
       Mitchell (1925–1992), Zweite ist – wenig überraschend – Yayoi Kusama, die
       japanische Altmeisterin mit den weltweit bekannten Polka Dots. Cindy
       Sherman steht an achter Stelle, hinter Tamara de Lempicka; Gabriele Münter
       folgt auf Platz 19, vor Bridget Riley; Käthe Kollwitz kommt dann auf Platz
       30 und Paula Modersohn-Becker auf dem 47.
       
       Wenn nun aber für Francis Bacons Triptychon von Lucian Freud der
       Höchstpreis von 142 Millionen Dollar gezahlt wurde, während Georgia
       O’Keeffe mit 44 Millionen für „Jimson Weed/White Flower No. 1“ (1932) die
       Liste der Frauen anführt, dann sagt das doch einiges über das
       unerschütterlich patriarchale Kunstsystem.
       
       28 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.artnet.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Brigitte Werneburg
       
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