URI: 
       # taz.de -- Nutzung von Konflikt-Rohstoffen: Gute Miene zu bösen Minen
       
       > Die EU-Pläne zur Einfuhr von Konflikt-Rohstoffen werden von Deutschland
       > unterstützt. Freiwillige Zertifizierungen bemühen nur das Prinzip
       > Hoffnung.
       
   IMG Bild: Finanziert Konflikte: Goldmine in der Zentralafrikanischen Republik.
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung will keine Verschärfung des
       Kontrollsystems für sogenannte Konflikt-Rohstoffe. In der Antwort auf eine
       Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die der taz vorliegt, verteidigt das
       Wirtschaftsministerium den vorliegenden EU-Gesetzentwurf, der von den
       Grünen, aber auch von NGOs und Kirchen als zu lasch kritisiert wird.
       
       Viele europäische Unternehmen, die Rohstoffe aus Ländern des globalen
       Südens beziehen und verarbeiten, wissen oft nicht, woher ihre Einfuhren
       eigentlich genau herkommen und wie sie gefördert werden. Ein Teil sind
       „schmutzige“ Rohstoffe, die, wie etwa Berichte aus dem Kongo zeigen, von
       gewaltsam verschleppten Männern und Frauen abgebaut werden. Doch es geht
       nicht nur um Menschenrechtsverletzungen.
       
       Der Handel mit Metallen und Mineralien ist auch eine wichtige
       Einnahmequelle für Warlords und andere Konfliktparteien und finanziert
       Kriege in vielen Regionen der Welt. Unternehmen, die illegal geförderte
       Rohstoffe für ihre Handys, Laptops oder chirurgischen Bestecke einführen,
       „werden zu Mittätern“, heißt es in einer Erklärung von 70 Bischöfen aus 26
       Ländern. Jetzt habe die EU die einzigartige Chance, so die Bischöfe, mit
       anspruchsvollen Regeln für mehr Unternehmensverantwortung zu sorgen.
       
       Doch EU und Bundesregierung wollen es nicht ganz so anspruchsvoll und
       setzen lieber auf Freiwilligkeit. Eine eng begrenzte Zahl von Unternehmen
       kann künftig nach eigener Entscheidung ihre eingeführten Rohstoffe als
       „sauber“ zertifizieren lassen. Dieses System der Selbstzertifizierung habe
       „eine hohe Glaubwürdigkeit“, heißt es in der Antwort auf die
       Grünen-Anfrage.
       
       ## „Quartalszahlen und nicht Menschenrechte“
       
       Zur Wirksamkeit solch freiwilliger Maßnahmen wird wenig gesagt und
       stattdessen das Prinzip Hoffnung bemüht. „Sofern sich genügend
       (Unternehmen) an der freiwilligen Selbstzertifizierung beteiligen, werden
       mittelbar positive Auswirkungen auf die Konflikt- und Risikogebiete
       erwartet.“ Selbstverpflichtungen der Industrie haben bisher wenig bewirkt:
       „Richtschnur der Unternehmen bleiben die Quartalszahlen und nicht die
       Menschenrechte“, meint der Grünen-Entwicklungspolitiker Uwe Kekeritz.
       
       Die Kritiker verlangen eine rechtlich bindende Verpflichtung zur
       unternehmerischen Sorgfaltspflicht, um so einen Markt für verantwortlich
       gehandelte Rohstoffe aufzubauen. In den USA nimmt der 2010 eingeführte
       „Dodd-Frank-Act“ die Unternehmen in die Pflicht. Er verlangt von Tausenden
       von Firmen verbindliche Erklärungen zur Herkunft ihrer Rohstoffe. Die
       bisherigen Berichte offenbaren große Informationslücken selbst bei
       Konzernen wie Sony oder Google. Die strenge US-Regelung wird von der
       Bundesregierung als zu weitgehend kritisiert: Der Dodd-Frank-Act habe zu
       einem De-facto-Embargo in einigen Rohstoffregionen gesorgt mit
       entsprechenden Konsequenzen für die notleidende Bevölkerung.
       
       Umstritten bei der EU-Regelung ist auch ihre Begrenzung auf die vier
       Rohstoffe Zinn, Wolfram, Gold und Coltan. Erdöl und Kupfer fallen dabei
       durchs Raster. Auch dies wird vom Wirtschaftsministerium verteidigt: Vor
       einer Ausweitung sollten zunächst „mit der vorgeschlagenen Regelung
       Erfahrungen gesammelt werden“, heißt es.
       
       Grünen-Politiker Kekeritz übt daran Kritik: „Die Bundesregierung steht beim
       Thema Unternehmensverantwortung weiter auf der Bremse“ und verhindere
       verbindliche Standards. Im vergangenen Jahr haben, wie eine Brüsseler
       Studie zeigt, nur vier Prozent der europäischen Unternehmen darüber
       berichtet, wie sie ihre Rohstoffbeschaffung ethisch sauber abwickeln.
       
       23 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Kriener
       
       ## TAGS
       
   DIR Rohstoffe
   DIR EU
   DIR Rohstoffhandel
   DIR Bolivien
   DIR Dänemark
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Handel mit Konfliktrohstoffen: Handys können tödlich sein
       
       Firmen sollen angeben, ob ihre Produkte Rohstoffe aus Konfliktgebieten
       enthalten. Das fordern Grüne und Linke und setzen die SPD unter Druck.
       
   DIR Lithium-Vorkommen in Bolivien: Der weiße Schatz wird gehoben
       
       Lithiumbatterien sollen Boliviens Wirtschaft fördern. Nach Problemen bei
       der Lithiumförderung sind nun die ersten Akkus im Einsatz.
       
   DIR Territoriumsansprüche von Dänemark: Der Nordpol ist nicht genug
       
       Dänemark erhebt Anspruch auf einen Teil des Arktischen Ozeans. Und der ist
       überraschend groß. Mit dem Wunsch ist das Land aber nicht alleine.
       
   DIR UN-Klimakonferenz: Die Tabus von Lima
       
       Auf Dutzenden von Veranstaltungen wird beim Klimagipfel über alles Mögliche
       verhandelt und gestritten. Manche Fragen werden jedoch nicht gestellt.
       
   DIR Politisches Buch zum Klimaschutz: Ein Ort namens Blockadia
       
       Naomi Klein gibt Klimaskeptikern in ihrem neuen Buch recht: Echten
       Klimaschutz gebe es nur, wenn der Kapitalismus verändert wird.