# taz.de -- Kommentar Pegida als Ostphänomen: Dresden ist überall
> Pegida als ostdeutsches oder sogar nur ein sächsisches Problem zu sehen,
> greift viel zu kurz. Es erinnert an die Fehler der 1990er-Jahre.
IMG Bild: In Dresden geht die Sonne zwar unter – aber dunkel ist es in ganz Deutschland
Weihnachtslieder singen statt schweigen – dieses beschaulich-schauerliche
Szenario wird für Montagabend in Dresden erwartet. Gut möglich, dass
diesmal zur Demonstration noch mehr Menschen kommen. Letzte Woche waren es
15.000.
Unter ihnen waren Schaulustige, Spitzenpolitiker der AfD und Journalisten.
Und ganz sicher Rechtspopulisten, die mal schauen wollten, wie die das in
Dresden machen: Massen bewegen. Bürger dazu bringen, sich hinter einer
menschenfeindlichen Grundhaltung zu versammeln und sich dabei als Opfer zu
verstehen.
Noch wird Pegida als ostdeutsches Phänomen beschrieben. Doch das wird es
nicht bleiben. Laut einer YouGov-Umfrage teilen 33 Prozent der
Westdeutschen die Ideen von Pegida, im Osten sind es 36. Pegida als
sächsische Spezialität abzustempeln macht das Schauspiel sicher leichter
erträglich. Aber das greift zu kurz. Und es straft jene mit
Entsolidarisierung, die vor Ort die Mehrheitsgesellschaft stellen.
Jetzt wird in der sächsischen Seele herumgebohrt. Die Sachsen werden ganz
allgemein als xenophobe Duckmäuser denunziert; das abgegriffene Bonmot von
Dresden als Tal der Ahnungslosen wird bemüht; die Demonstranten werden als
demokratieferne Wendeverlierer beschrieben. Geht es noch simpler?
## Mehr Solidarität
Wer jetzt ignoriert, dass Pegida das Problem des gesamten Landes ist,
wiederholt die Fehler der Neunzigerjahre. Damals hat man die Ostler in die
rechte Ecke gestellt. Das war bequem und führte dazu, dass sich die Nazis
sicher fühlen konnten. Um die Demokraten kümmerten sich ein paar
Politologen, die ab und an aus Berlin anreisten. Nur ein Ergebnis dieser
Resignation seitens der Politik war der Nationalsozialistische Untergrund.
Was es jetzt braucht, ist die Solidarität mit der Mehrheitsgesellschaft
gegen Pegida, Bügida, Legida, Bogida, und wie sie alle heißen mögen. Alles
andere wäre so fatal wie das, deren sich die Demonstranten von Dresden
rühmen: schweigen oder Weihnachtslieder singen.
22 Dec 2014
## AUTOREN
DIR Anja Maier
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