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       # taz.de -- Die Wahrheit: Meine glühendsten Geschenke
       
       > Kurz vor Weihnachten werde ich mit Geschenkideen überschüttet. Und dabei
       > sind schon einige sehr seltsame Einfälle. Wie zum Beispiel der iKettle.
       
       Man kennt mich in den einschlägigen Internetshops. Ich bin dort als jemand
       registriert, der Gadgets liebt. Pünktlich zur Weihnachtszeit erhalte ich
       deshalb Mails mit „Geschenkideen“, weil man offenbar vermutet, dass ich mit
       Leuten befreundet bin, die meine Vorlieben teilen.
       
       Wem aber könnte ich einen iKettle schenken? Das ist ein elektrischer
       Wasserkocher, er kostet knapp 100 Pfund. Es gibt zwar weit billigere
       Modelle, aber dieser lässt sich mit dem Smartphone steuern. Man kann ihn so
       einstellen, dass er sich einschaltet, sobald der Smartphone-Wecker
       klingelt, und dadurch „fünf wertvolle Minuten sparen“. Oder man befiehlt
       ihm, das Wasser zu kochen, sobald man das Haus betritt. Das weiß der Kessel
       dank GPS. „Lade deine Freunde zu dieser neuen sozialen Errungenschaft ein“,
       heißt es in der Werbung. Was sind das für Freunde, die einen besuchen, um
       gemeinsam beim Wasser kochen zuzuschauen?
       
       Man könnte sie natürlich zusätzlich mit Springbrunnen-Lautsprechern
       unterhalten. Die kann man ebenfalls mit einem Smartphone steuern. Dann
       tanzen bunte Wasserfontänen im Rhythmus zur Musik. Auf den Klang sollte man
       dabei nicht so sehr achten, heißt es in den Rezensionen. Es soll wie ein
       Blecheimer klingen.
       
       Dann doch lieber Ollie. Das ist eine längliche Plastikrolle, die mit einem
       Tempo von 25 Kilometern pro Stunde durch die Wohnung saust, während sie „in
       Millionen von Farben glüht“. Für die Steuerung braucht man ebenfalls ein
       Smartphone. Damit kann man Ollie sogar Saltos beibringen. Wer hätte nicht
       gern eine glühende Plastikrolle, die durchs Zimmer huscht? Das ist allemal
       80 Pfund wert.
       
       Fast doppelt so teuer ist ein Aktivitätsarmband. Das misst die Schritte,
       die man gelaufen ist, sowie die Kalorien, die man dabei verbrannt hat. Aber
       es ist aufdringlich. Wenn man eine Stunde lang gesessen hat, fordert einen
       das Armband durch Vibration auf, gefälligst aufzustehen und zu laufen.
       Darüber hinaus ist das Ding ziemlich schlau. Es meldet, wenn das Smartphone
       – ohne das bei Gadgets gar nichts geht – klingelt oder eine Textnachricht
       eintrifft. Allerdings ist das Armband ein Denunziant. Es meldet die
       täglichen Bewegungen oder Nichtbewegungen an den Hersteller. Der verteilt
       virtuelle Medaillen, wenn man die Anweisungen des Armbands befolgt hat.
       Will man sich wirklich von einem Armband schikanieren lassen? Vielleicht
       kann man es ja Ollie umbinden. Der bekommt im Nu eine Goldmedaille.
       
       Für Käufer einer selbst umrührenden Kaffeetasse taugt das Armband
       jedenfalls nicht. Man gießt Kaffee und Milch in die Tasse, drückt auf einen
       Knopf, und die Tasse übernimmt das Umrühren. So faul kann kein Mensch sein,
       nicht mal ich. Wenn man allerdings den iKettle mit dieser Tasse verbinden
       könnte, sodass der Kessel beim Weckruf meines Smartphones das Wasser kocht,
       den Kaffee brüht, ihn mit Milch in die Tasse gibt, die dann umrührt und von
       Ollie in Windeseile zu mir ans Bett gebracht wird, könnten wir ins Geschäft
       kommen. Fröhliche Weihnachten!
       
       21 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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